Ristorante Sicilia:Schon daheim im neuen Zuhause

Restaurant "Vapiano" in Mücnhen, 2015

Auch die Pizza gehört zu den Spezialitäten des Hauses.

(Foto: Catherina Hess)

Mit lässiger Herzlichkeit walten die Ober, der Koch verdiente in den meisten Fällen den Titel dottore im neuen Sicilia die Eversbuschstraße ein paar hundert Meter weiter.

Gertrude Fein

Menschen, die ihr Land verlassen, tun dies aus den verschiedensten Gründen. Die einen haben ihr Schäfchen ins Trockene gebracht und keine Lust darauf, es von den Finanzbehörden wieder nass machen zu lassen, andere treibt die pure Abenteuerlust. Wieder andere sehen keine Möglichkeit, in der Heimat menschenwürdig zu leben.

Während sich Steuerflüchtlinge und Globetrotter auf der ganzen Welt herumtreiben, hat die letzte Gruppe nur das Ziel, sesshaft zu werden, Auskommen und Unterkunft zu finden. Hat einer das einmal erreicht, wird er seinen mühsam erkämpften Platz nur dann verlassen, wenn er im näheren Umfeld eine Möglichkeit sieht, sich zu verbessern.

So ging es wohl auch dem Inhaber des Ristorante Sicilia in Allach. Nach etwa einem Vierteljahrhundert, in dem er sich einen festen Kundenstamm in der Eversbuschstraße geschaffen hatte, zog er um - in die Eversbuschstraße, ein paar hundert Meter weiter in einen ehemaligen Fahrradladen. Das neue Sicilia ist in dezenten Farben gehalten, viel dunkles Braun und helles Beige, schieferfarbener Fußboden.

Die Atmosphäre ist familiär

Kinder sind gern gesehen, sollten sie zu übermütig werden, wird sanft, aber bestimmt die Bremse gezogen. Mit lässiger Herzlichkeit walten die Ober, ohne Hast, trotzdem effektiv. Einer der Kellner wirft mit den Titeln dottore und professore nur so um sich, wozu ein Tischgenosse bemerkte: "Wer hier nicht wenigstens dottore genannt wird, rangiert unterhalb Hartz vier."

Der Koch verdiente in den meisten Fällen den Titel dottore, bei Gerichten, die nicht auf jeder Ristorante-Karte zu finden sind, sogar den des professore. Dem sorgfältig geschmorten Zicklein mit verschiedenem Gemüse merkte man an, dass es Zeit gehabt hatte zu garen, zart war es und saftig, die Sauce sehr würzig und angenehm scharf durch mitgekochte Peperoncini (15,90). Auch die große Portion Kalbsnierchen in Wodkasauce mit Bratkartoffeln und Blattspinat zeugte von der Sorgfalt, mit der die Köche arbeiten (14,90).

Einen besonderen Genuss bereiteten die Tagliolini mit schwarzen Trüffeln. Die sehr feinen, wohl hausgemachten Nudeln bedeckte eine ansehnliche Schicht von geraffelten tartufi; sie waren jeden Cent der für sie verlangten 12,50 Euro wert. Die in ganz Italien recht beliebten Trippe wurden alla siciliana in einer sehr schmackhaften Sauce aus Tomaten, Stangensellerie und Kartoffeln serviert, ein gelungenes bäuerliches Gericht, an dem nur störte, dass einige der Kuttelstreifen dann doch zu weich geworden waren (7,80).

Mehr Füllmasse für ein Loch in der Wand denn Dessert

Trippe und Nierchen sind sicher nicht jedermanns Sache, selbst wenn sie so gekonnt zubereitet sind wie hier. Wer ein kräftiges Stück Lende bevorzugt, ist mit der Costata pizzaiola, die genau nach Wunsch gebraten und von fruchtig-scharfer Sauce umgeben aufgetragen wurde, gut bedient (15,50). Dasselbe gilt für die Kalbsleber, perfekt mit Salbei in Butter gebraten, begleitet von Karotten, Blattspinat und Kartoffeln (14,90). Im Übrigen kann der Gast ihre Zubereitungsart selbst bestimmen. Auch beim Duetto di pesce - bestehend aus einem Stück Lachs, nicht zu wabbelig, nicht zu fett, und einer kleinen Seezunge - fiel angenehm auf, wie exakt Hitze und Zeit beim Grillen beachtet werden (15,50).

Der Appetit auf ein einfacheres Gericht kann mit einer Pizza, beispielsweise der Pizza Chef mit reichlichem Belag auf dünnem, knusprigem Boden (6,60) oder mit den zurückhaltend gewürzten Spaghetti alla Toni mit Venusmuscheln, Krabben und superzarten Calamaristücken bestens gestillt werden (8,80). Wer dazu einen gemischten Salat zu 3,90 Euro bestellt, kommt allerdings unvermutet zu einer größeren Mahlzeit, denn es handelt sich um eine Riesenportion.

Die Strozzapreti, gedrehte dicke Nudeln, auf deutsch Pfaffenwürger, mit Muscheln, Scampi, Tomaten, Rucola und Steinpilzen betörten durch intensiven Geruch nach den Pilzen und harmonischen Geschmack, Pilze und Scampi aber waren entschieden zu weich (8,90).

Der herb-fruchtige Landwein des Hauses ist ein angenehmer Begleiter zu fast jedem Menü (3,60). Als totaler Reinfall entpuppte sich die Panna cotta (3,90). Sie hätte sich besser als Füllmasse für ein Loch in der Wand geeignet, denn als Dessert (3,90). Dagegen wurde der Tartufo affogato, ein in Grand Marnier und Espresso "ertränkter" Eistrüffel bis zum letzten Rest mit Begeisterung weggelöffelt (4,60).

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