Restaurant "Tantris":Denkmal zum Genießen

Gepflegt wird nicht nur die gute Küche, sondern auch der spezielle 70er-Jahre-Charme: Das Gebäude des Schwabinger Restaurants "Tantris" ist in die Denkmalschutzliste aufgenommen - und gehört damit zu den wichtigsten Zeugnissen der Nachkriegsarchitektur in München. Früher war es einigem Spott ausgesetzt.

Alfred Dürr

Ein Genuss für den Gaumen und die Augen: Für Gourmets ist das Tantris schon seit mehr als 40 Jahren ein ganz besonderer Ort - wegen seiner erstklassigen Küche, aber auch wegen seiner außergewöhnlichen Architektur. Nun steht das Restaurantgebäude in der Schwabinger Johann-Fichte-Straße unter Denkmalschutz. Eine bemerkenswerte Auszeichnung, denn damit wird die geschichtliche, sozialgeschichtliche und baukünstlerische Bedeutung des Hauses - innen wie außen - gewürdigt.

Restaurant "Tantris": Das historische Foto zeigt den damaligen Küchenchef Eckart Witzigmann, seine Köche sowie die Herren vom Service vor dem Tantris-Gebäude im Jahr 1971.

Das historische Foto zeigt den damaligen Küchenchef Eckart Witzigmann, seine Köche sowie die Herren vom Service vor dem Tantris-Gebäude im Jahr 1971.

"Denkmäler stehen mitten im Leben, auch dann, wenn es um das leibliche Wohl geht", sagt Egon Johannes Greipl, der Generalkonservator des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege. Ohne seine Spitzenküche würde es kein Tantris geben, und genauso wenig gäbe es ein Tantris ohne seine Architektur.

Das Gebäude des heute 87-jährigen Schweizer Architekten und Designers Justus Dahinden, der zu den wichtigsten Vertretern seiner Zunft gehört, gilt damit auch offiziell als eines der herausragenden Zeugnisse der Nachkriegsarchitektur in München.

1971 hatte der Münchner Bauunternehmer Fritz Eichbauer seine Idee für ein Spitzen-Restaurant in die Tat umgesetzt. Er habe sich einen Lebenstraum erfüllt, sagt er, und er sei stolz, dass das Haus ein "sehr lebendiges Denkmal" sei. Auch Architekt Dahinden ist begeistert: "Das ist saugut. Ich habe mehr als 20 Kirchen auf der ganzen Welt gebaut, die unter Denkmalschutz stehen, ein Restaurant war nicht dabei."

Die Arbeit in München habe ihm damals großen Spaß gemacht. Eichbauer habe ihn arbeiten lassen, "ohne auf irgendwelche Kompromisse zu pochen". Von Dahinden stammte auch das in der Nähe an der Leopoldstraße gelegene, futuristisch wirkende Einkaufs- und Freizeitzentrum Schwabylon. Das fensterlose und bunt bemalte Pyramidengebäude wurde 1979 abgerissen, weil es sich als Fehlinvestition erwies.

Das Tantris wurde mit seinen Koch-Berühmtheiten Witzigmann, Winkler und Haas zur Erfolgsgeschichte. Der Begriff Gourmet-Tempel passt hier sogar, denn das Gebäude erinnert mit den sich steil zur Mitte hin erhebenden Wänden und dem Sichtbeton an den Außenmauern an einen modernen Sakralbau.

Satte Farbkombinationen im Innern - rot, schwarz, orange -, Fabelwesen aus Beton am Eingang und als Dekor im Gastraum, die der Schweizer Künstler Bruno Weber geschaffen hat - all das sollte zur ganz speziellen, exotischen Atmosphäre des Gebäudes beitragen. "Es ist wie im Theater", sagt Justus Dahinden - Essen gehen mit allen Sinnen eben.

Nicht allen hat dieser Ansatz gefallen, und die Tantris-Hülle musste auch Spott ertragen. Autobahnkapelle, schöne Feuerwehrwache - das waren so einige Assoziationen. Gerade im Olympiajahr 1972 war das Tantris auf jeden Fall eine Attraktion.

Das Wesen, den eigenen Charakter des Restaurant-Gebäudes zu erhalten, diesen Anspruch will Eichbauer einhalten. Und das nicht nur, weil er nun ein Denkmal besitzt. Der Architekt Stephan Braunfels erneuerte 2004 viele Teile: Teppiche, Lampen, Decken - aber alles ganz originalgetreu. Die Stühle auf der Gartenterrasse wurden aufwendig restauriert. Auch in Zukunft wird es keine Veränderungen des Erscheinungsbilds geben.

Die Gegend um die Johann-Fichte-Straße, unweit der Münchner Freiheit, war nie ein architektonisch bedeutsames Areal. Lange Zeit war das Gelände mit dem Metro-Supermarkt entlang der Leopoldstraße direkt daneben. Jetzt ändert sich dort viel. Das Gewerbe verschwindet. Aber das Tantris bleibt ein Unikum aus den 70er Jahren, auch wenn es demnächst ein völlig neues Stadtquartier als Nachbar bekommt.

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