Reif fürs Museum:Schlechtwetter-Programm

Münchens Sammlungen und Ausstellungen verzeichnen derzeit hohe Besucherzahlen. Das bedeutet auch Wartezeiten und Gedränge

Von Christina Hertel

Über das derzeit herrschende Wetter, den Regen, den Schnee, kann sich Roger Diederen nur freuen. "Richtig prickelnd finde ich das." Und wenn es nach ihm ginge, könnte es noch eine Weile so weitergehen mit der Kälte. Diederen ist der Direktor der Kunsthalle München. Seit einer Woche sind dort Fotografien von Peter Lindbergh zu sehen, der Supermodels wie Naomi Campell und Cindy Crawford in Szene setzte. Großformatig, schwarz-weiß, edel. Schon lange zog keine Ausstellung mehr so viele Besucher an: Ostersonntag kamen 3000 Menschen, Ostermontag noch einmal 500 mehr und selbst an den Werktagen waren fast 2000 Menschen da. "Für uns", sagt Diederen, "war es auf jeden Fall ein sehr schöner Start."

Dass so viele Menschen die Ausstellung besuchen, liegt aus seiner Sicht nicht nur am Wetter oder an den Ferien, sondern auch am Thema: Lindberghs Fotografien wollen Mode-Fans sehen, aber auch Hobbyfotografen, Jugendliche und Familien. Zum Vergleich: Die Besucherzahlen der Velázquez-Schau, die vorher in der Kunsthalle zu sehen war, lagen im Schnitt bei 900 täglich.

Besonders viel los war in den vergangenen Tagen auch im Deutschen Museum: 25 000 Besucher kamen zwischen Samstag und Dienstag - so einen großen Andrang gab es seit eineinhalb Jahren nicht mehr. Auch in das Ägyptische Museum gingen werktags während der Osterferien zwei bis vier mal so viele Menschen wie sonst. Und das Museum Mensch und Natur hat die Besucherzahlen von April 2016 schon jetzt um ein paar Hundert übertroffen. Darüber freuen sich die Betreiber - auch, wenn es für Besucher einen unschönen Nebeneffekt hat: Warten. Eine halbe Stunde etwa vor der Kunsthalle, bis zu 45 Minuten vor dem Deutschen Museum - draußen im Schneegestöber.

Grund dafür ist, zumindest beim Deutschen Museum, nicht nur der Andrang, sondern, dass dort das Online-Ticket-System zurzeit nicht funktioniert. Karten vorab kaufen ist deshalb gerade nicht möglich. Das System stellt dem Museum ein externer Anbieter bereit und der richtet gerade eine neue Version ein. "Natürlich tut es uns leid, wenn die Menschen warten müssen", sagt Museumssprecher Gerrit Faust. Doch früher seien die Zeiten auch nicht besser gewesen: Da hätten die Menschen manchmal bis vor zur Ludwigsbrücke gestanden. 500 Meter war da die Schlange lang. Faust rechnet nicht damit, dass das Ticket-System noch in den Ferien zum Laufen kommt. Und danach, glaubt er, sei ohnehin nicht mehr so viel los. Die freie Zeit ist dann vorbei und das kalte Museumswetter vielleicht auch.

Wenn man Tine Nehler auf das Wetter anspricht, hört man sie am Telefon kurz lachen. Sie ist die Pressesprecherin der drei Pinakotheken und des Museums Brandhorst. Die Besucherzahlen hätten sich in den vergangenen Tagen fast verdreifacht, sagt sie. "Am Sonntag ging es in der Pinakothek der Moderne zu wie im Bahnhof." 3500 Besucher waren da. Und in alle vier Häuser kamen zusammengerechnet über die Feiertage etwa 16 000 Menschen. Besonders erstaunt ist die Sprecherin, dass am Sonntag auch die Alte Pinakothek so gut besucht war: 2000 Menschen wollten dort die Werke von Rubens, Dürer und Rembrandt sehen. Nehler rechnete nicht mit diesen Zahlen, weil das Museum noch bis Ende 2018 renoviert wird und manche Räume geschlossen sind. "Aber eigentlich", meint sie, "ist bei uns in den Osterferien jedes Jahr viel los. Und auch später im Juli und im August." Dass die Besucher selbst im Sommer nicht ausbleiben, liegt aus ihrer Sicht daran, dass die Pinakotheken eine Touristenattraktion sind. Nur im September, während der Wiesn, gehen die Zahlen zurück.

Gut lief der Start der Street Art-Ausstellung "Magic City - Die Kunst der Straße" in der Kleinen Olympiahalle. Sie eröffnete am Gründonnerstag. Und bis Montag sahen bereits 7000 Besucher Graffiti von Künstlern wie Banksy, Loomit und Co. - vor allem viele junge Leute. Insgesamt, inklusive Vorverkauf, wurden bereits 20 000 Tickets abgesetzt, sagt Nancy Elmazoska, die die Ausstellung vermarktet.

Doch nicht alle Museen haben von dem schlechten Wetter profitiert: In die Ausstellung "Michelangelos Sixtinische Kapelle", die seit fast zwei Wochen in der Alten Bayerischen Staatsbank zu sehen ist, kamen bis jetzt täglich etwa 500 bis 1000 Besucher. "Es würden aber mehr als 2000 reinpassen", sagt Bernhard Nocker, der Projektleiter der Ausstellung. Enttäuscht ist er darüber nicht - für die Anlaufphase seien die Zahlen sogar besser als erwartet. Und etwas Positives hat es ja auch: "Jetzt hat man noch die Gelegenheit, die Ausstellung ganz entspannt anzusehen." Lange Schlange sind gar kein Thema. Warten müsse man vielleicht fünf Minuten, versichert Nocker.

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