Regie-Assistentin:"Es hat sich alles ergeben bei mir"

Pia Richter-Haaser hatte viele Jobs. Dabei wollte sie ursprünglich einfach Familie

Protokoll von Katja Riedel

Pia Richter-Haaser, 75: "Wenn mich jemand fragt, was für einen Beruf ich hatte, sage ich: Gar keinen. Trotzdem habe ich in vielen unterschiedlichen Berufen gearbeitet. Die Verteilung zwischen Mann und Frau fand ich eigentlich gut. Ich hätte mir nichts Schöneres vorstellen können, als zu heiraten, viele Kinder zu bekommen und in einem schönen Haus zu wohnen. Aber vieles kam anders. Auch, weil ich mir oft Männer gesucht habe, mit denen sich dieser Traum nicht verwirklichen ließ. Es hat sich alles ergeben bei mir. Ich habe nie zielgerichtet etwas verfolgt.

Mein Vater hat darauf bestanden, dass ich Abitur mache. Meine ältere Schwester hat studiert, ich habe sie für völlig bekloppt gehalten. Ich bin nach dem Abitur nach Berlin, habe dort zum Beispiel Telefonverbindungen gestöpselt; ich habe auch mal in einer Porzellanfabrik gearbeitet. Aber eigentlich habe ich drei Jahre lang nichts gemacht. In meinen Lebenslauf habe ich geschrieben, ich hätte meinen Vater auf Konzertreisen begleitet. Er war Pianist, Komponist und Dirigent. Er hat mich dann ein Jahr nach England geschickt. Danach bin ich noch ein Jahr nach Florenz, weil ich das Italienische so geliebt habe. Meine Eltern hatten ein Haus auf Elba. Dort habe ich einen Mann kennengelernt, mit dem ich zurück nach Berlin bin. Dort habe ich dann bei CCC angefangen, der Filmfirma von Artur Brauner. Ich konnte ein bisschen Steno und Tippen, deshalb wurde ich Sekretärin des Herstellungsleiters. Das war ein SS-Offizier, Brauner hat ihm dennoch eine Chance gegeben. Dieses Verhältnis war atmosphärisch zu spüren. Brauner schmiss den ganzen Laden. Das war mein Anfang in der Filmbranche.

Pia Richter-Haaser im Cafe Vini e Cibi, Viktoriastraße

Seit einigen Jahren arbeitet Pia Richter-Haaser an der Montessorischule in der Balanstraße.

(Foto: Florian Peljak)

Dass ich Regie-Assistentin geworden bin, hat man mir, wie so vieles, auf dem Silbertablett serviert. Und zwar am Strand in Elba. Da waren viele Deutsche, auch der Regisseur Fritz Umgelter. Dessen Frau, seine Regie-Assistentin, war schwanger und fiel aus. Er suchte Ersatz - und bot mir an, die Stelle zu übernehmen. So bin ich nach München gekommen, 1968 war das. Ich habe dann bis Anfang der Achtzigerjahre viele Fernsehproduktionen gemacht, für Umgelter, aber auch für andere. Meine liebsten Produktionen waren die Opern, Falstaff, Elektra, mit meinem liebsten Regisseur Götz Friedrich. Ich bin viel rumgekommen, wir haben auch im Ausland gedreht, zum Beispiel im damaligen Jugoslawien. 1976, da war ich 36, ist mein Sohn Tillmann auf die Welt gekommen, danach wollte ich nicht mehr weit reisen. Einmal war ich sieben Wochen in Berlin zu Dreharbeiten, meine Schwiegermutter hat auf den Sohn aufgepasst. Das ging schief. Ich habe noch kleinere Produktionen gemacht. Zu der Zeit ging meine Ehe auseinander. Und mein Mann zahlte nichts.

Ich wollte raus aus dem Filmgeschäft, denn man lebt doch ein blödsinniges Leben. Während der Produktion ist das Team das Leben, und nach der Produktion war es das. Ich wurde dann Sekretärin in der Anzeigenabteilung der Vogue. 15 Jahre lang. Das war, ähnlich wie der Film, eine Sache für sich. Nur vom Besten, Feinsten, Teuersten. Erst hielt ich nichts von der Zeitschrift, doch es war eine pfiffige Idee. Seit 15 Jahren bin ich im Ruhestand, habe aber immer zu tun. Erst hatte ich eine Theatergruppe. Mit meinen beiden Enkeln habe ich ein Buch geschrieben. Und dann wurde ich Erzählerin in der Gruppe "Goldmund". Seit einigen Jahren arbeite ich an der Montessorischule in der Balanstraße. Werkstatt der Generationen heißt unser Projekt. Ich lade Menschen ein, von ihren Erfahrungen zu erzählen. Ich selbst habe doch ein wunderbares Leben. Nur die ganz große Familie, von der ich geträumt hatte, habe ich nie bekommen."

Regie-Assistentin: Wie eine Träne im Ozean, so hieß der Film, der Pia Richter-Haaser nach Jugoslawien führte.

Wie eine Träne im Ozean, so hieß der Film, der Pia Richter-Haaser nach Jugoslawien führte.

(Foto: privat)

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