Rechtsextremer im Stadtrat:Formale Rechte, sonst nichts

Wie die demokratischen Stadträte mit dem Rechtsextremen Karl Richter umgehen wollen.

Jan Bielicki

Die beiden Rechtsextremisten schauten von oben auf das Stadtparlament herab. Karl Richter, für die rechtsextreme "Bürgerinitiative Ausländerstopp" vor zehn Tagen ins Rathaus gewählt, sah sich die vorletzte Plenumssitzung des alten Stadtrates von der Zuschauertribüne aus an.

Neben ihm saß Norman Bordin, mehrfach vorbestrafter und vom Verfassungsschutz ausdrücklich als "Neonazi" betitelter Landesvorstand der NPD.

"Es ist nicht schön, wer da künftig im Rathaus unterwegs sein könnte", sagt Siegfried Benker, der Fraktionschef der Grünen. Denn auch der Neu-Stadtrat Richter wird Anspruch auf ein Büro im Rathaus haben.

Er wird auch Steuergeld an Gesinnungsfreunde bezahlen dürfen. Derzeit stehen einem Einzelstadtrat 15. 680 Euro zu, um damit eine Hilfskraft zu entlohnen.

Und die wird der NPD-Mann auch bekommen. "Die formalen Rechte eines Stadtrates wird er haben", erklärt Oberbürgermeister Christian Ude (SPD). Allerdings auch nicht mehr als diese Grundrechte: Der Ältestenrat, der alle Fraktionsspitzen versammelt, hat bereits darüber beraten, wie die demokratischen Stadträte mit dem Rechtsextremisten umgehen wollen.

Zwar sind bei allen Wahlen seit 1990 Rechtsextreme in den Stadtrat gekommen, doch diesmal ist eine Absprache nötig. Denn der NPD-Mann Richter sei ein anderes Kaliber als seine Vorgänger, glaubt nicht nur Ude. "Der ist ganz klar auf Krawall aus", sagt der Grüne Benker.

Formale Rechte, sonst nichts

Keine Zusammenarbeit

Wichtigster Punkt der Verabredung: Niemand soll mit dem Rechtsaußen zusammenarbeiten. Wenn keiner der Einzelvertreter der kleineren Parteien mit dem Extremisten eine sogenannte Ausschussgemeinschaft bildet, wird Richter nicht in die wichtigen Ausschüsse gelangen. Dorthin kommen nur Gruppen mit mindestens drei Stadträten oder eben drei Räte, die sich zu diesem Ziel zusammentun - etwa die Vertreter von ÖDP, Freien Wählern und Bayernpartei.

Damit aber könnte der Rechtsaußen nur noch das Plenum als Bühne nutzen. "Dort wird er den Eklat suchen", glaubt Benker. Die anderen Ratsfraktionen wollen sich von einer solchen Strategie der Extremisten jedoch nicht provozieren lassen.

Man werde auf Reden des Rechtsaußen nicht reagieren und sich schon gar keine Debatte aufdrängen lassen, legten sich die Fraktionschefs fest. Nur Falschaussagen und Verunglimpfungen wollen die demokratischen Stadträte entgegentreten, so Benker, "kurz, klar und kühl".

Seinen ersten Auftritt wird Richter auf der ersten Sitzung des neuen Stadtrats im Mai haben. Dann muss der Extremist in seinem Eid dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland Treue schwören. "Das", glaubt Benker, "wird seine erste Lüge."

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