Reaktionen:Sanfte Töne, fulminante Pointen

Einheitliches Urteil der Gäste: eine in Teilen zu brave Rede, dafür ein Singspiel, für das manche nach Superlativen ringen

Von Philipp Crone

Peter Pongratz ist "ganz schön angespannt". Der Wirt vom Nockherberg hat hier schon viel erlebt. Von wütenden Gästen, die zu sehr derbleckt wurden, bis zu solchen, die ihren Platz nicht finden und unruhig werden. Auch dieser Abend, der letzte Starkbieranstich für Pongratz als Nockherberg-Wirt, läuft nicht ganz glatt.

Luise Kinseher als Bavaria hat schon die ersten Pointen gesetzt, als Christian Ude erst in den Saal kommt und ratlos vor den Tischen steht, auf der Suche nach seinem Platz. Ähnlich ratlos sehen viele der Gäste oft aus, während sie der Bavaria zuhören. Kinseher bringt allerdings zunächst Karl Hopfner, den früheren Präsident des FC Bayern, so zum Lachen, dass er sich verschluckt und gleich von seinem Vorgänger und Nachfolger im Amt Uli Hoeneß ängstlich angeschaut wird. Hoeneß schmunzelt ab und an bei der Rede und sagt hinterher: "Es war sehr unterhaltsam und nicht sehr hart." Da könne sich niemand beschweren, dass er unter der Gürtellinie angegriffen wurde. Begeisterung klingt anders. Hoeneß geht dann, aber nicht aus Langeweile oder Protest, sondern aus Terminzwang, seine Basketballer spielen auch am Abend.

Kabarettist Andreas Giebel lächelt milde nach der Rede. "Es gab viele schöne Formulierungen, auch über die aktuelle Politik hinaus", vor allem atmosphärisch sei es sehr gelungen gewesen, "sie ruht als Bavaria eben in sich und spricht oft raffiniert". Für Regisseur Franz Xaver Bogner war es "etwas sanfter" als im Vorjahr, "aber unterhaltsam". Sein Kollege Joseph Vilsmaier hat eine "entschärfte Rede" gehört, während Kabarettist Christian Springer, der am nächsten Tag die Rede beim Anstich im Löwenbräukeller hält und der zuletzt meist am kritischsten urteilte, fast nur lobt. "Ich mag das Sanfte in diesen Zeiten, wo von allen sonst nur beleidigtes Geschrei kommt", sagt Springer. "Es ist nicht leicht, über Trump, Erdoğan oder Scheuer satirisch zu sprechen, die kannst du nur noch zitieren." Da seien sehr viele schöne Pointen dabei gewesen, "aber sie hat so eine reservierte Stimmung nicht verdient, ich war entsetzt über die Stille".

Pongratz hätte sich "etwas mehr Power" gewünscht. Die kommt dann beim Singspiel. Was Regisseur Marcus H. Rosenmüller wieder auf die Bühne stellt, fesselt das Publikum von Anfang. Bis zum Schlusslied "Ein Vorsicht der Gemütlichkeit" gibt es fulminante Pointen und nachdenkliche Momente, alles mehr als echt. Regisseur Bogner sagt: "Das war einfach klasse inszeniert." Und Vilsmaier fand es "völlig anders als im letzten Jahr und wieder wunderbar, das sind eben einfach lauter Profis". Springer nennt die Vorstellung ein "bayerisches Billy-Wilder-Märchen, aber das versteht jetzt wieder keiner", womit die Aussage gut zum wunderbar wirren Stück passt. Manchmal etwas zu verkopft, ist eine der wenigen Einschränkungen. Springer ist begeistert wie selten: "Fesselnd bis zum Ende, eine schöne Parabel auf unsere politische Welt." Und auch Pongratz ist überwältigt, ruft während der stehenden Ovationen: "Sensationell, eine Eins mit 27 Sternen. Das beste Stück, das ich hier gesehen habe." Und er war 27 Jahre Wirt auf dem Nockherberg.

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