Reaktionen auf Vogelgrippe:Ladenhüter Tamiflu

Als im vergangenen Herbst die Vogelgrippe Europa erreichte, stürmten panische Kunden die deutschen Apotheken. Jetzt, da auf Rügen zwei Schwäne mit dem gefährlichen Virus H5N1 infiziert sind, ist von Panik keine Spur: Hamsterkäufe bleiben aus.

Silke Lode

Urlauber haben auf Rügen vier tote Schwäne entdeckt, von denen zwei mit dem gefährlichen Virus H5N1 infiziert waren. Die gefühlte Distanz zu der Ostseeinsel ist offensichtlich groß genug, um in Bayern keine Panik aufkommen zu lassen: In Münchens Innenstadt zum Beispiel herrscht normaler Betrieb.

Reaktionen auf Vogelgrippe: Das Medikament Tamiflu: Hift es auch gegen die Vogelgrippe?

Das Medikament Tamiflu: Hift es auch gegen die Vogelgrippe?

(Foto: Foto: AP)

In der Rosenapotheke unweit des Marienplatzes fragen Kunden nach Erkältungsmitteln, einer speziellen Creme oder Aspirin - das Grippemittel Tamiflu verlangt niemand. Dabei hätte die Apotheke das Medikament vorrätig. "Heute wollte noch niemand das Mittel haben", berichtet Dane Morabi, die schon den ganzen Morgen Dienst hat. "Wir haben auch noch nichts nachbestellt."

Vorratshaltung unsinnig

Einige Straßen weiter in der Engel-Apotheke haben die Apothekerinnen heute morgen bereits Tamiflu geordert. Eine der Angestellten gesteht: "Im November, als die Vogelgrippe Europa erreicht hatte, habe ich mich mitreißen lassen. Da hatte ich selbst eine Schachtel zu Hause."

Die hat sie inzwischen nicht mehr. Denn das Virus überträgt sich nur in seltenen Fällen auf den Menschen. Etwa, wenn Mensch und Federvieh unter einem Dach leben.

Der knorrige Inhaber der Centrum-Apotheke wird noch deutlicher: "Es ist ein Schmarrn, sich das Mittel auf Vorrat hinzulegen", wettert Peter Angelmeier, "das ist nicht erwünscht!". Auch er hat heute noch keine einzige Packung verkauft und gibt auch keine Bestellung auf Verdacht auf. "Bei Bedarf haben wir das Mittel über den Großhandel in zwei Stunden."

33 Euro kostet das Medikament, kaufen kann man es nur mit Rezept. Das Deutsche Ärzteblatt hat den Medizinern im Dezember empfohlen, die Patienten sorgfältig aufzuklären und vor einer vorbeugenden Einnahme zu warnen. Ob Tamiflu wirklich gegen die Vogelgrippe hilft, ist nicht nachgewiesen. In jedem Fall kommt es auf die Anwendung und den richtigen Zeitpunkt der Einnahme an.

"Ob sie das Mittel aber an gesunde Menschen verschreiben, bleibt jedem Arzt selbst überlassen", sagt eine Sprecherin der Bayerischen Ärztekammer. Auch wenn Tamiflu knapp ist.

Hans-Ulrich Jellito, Sprecher des Tamiflu-Herstellers Roche, bestreitet, dass es jemals eine Verknappung gab: "Das ist nicht richtig. Damals bei der Hysterie haben wir auf die Bremse gedrückt. Wir wollten, dass es nicht in jedermanns Hände gelangt.

Das Medikament ist verschreibungspflichtig, und letzten Herbst konnten sie es dann für 152 Euro im Internet kaufen!". Wie viele Packungen der Pharmakonzern tatsächlich jeden Monat herstellt, will Jellito aber nicht preisgeben.

Die Großbestellungen indes kommen ohnehin nicht von Privatleuten: Manche Firmen bunkern Tamiflu bereits seit längerem für ihre Mitarbeiter in Deutschland, erzählt Dagmar Nedbal von der Bayerischen Ärztekammer. Und aus dem Staatministerium für Gesundheit und Verbraucherschutz heißt es, man habe bereits 1,9 Millionen Therapieeinheiten gekauft.

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