Raubtierfutter:Zoos verfüttern Ziegen aus Streichelzoo

Streichelzoo im Münchner Tierpark Hellabrunn, 2003

Keine rosige Aussichten: Auch der Tierpark Hellabrunn verfüttert seine Ziegen an die Raubtiere.

(Foto: Catherina Hess)

Ziegen aus dem Streichelzoo enden oft im Magen von Löwen, Luchsen oder Tigern - auch im Münchner Tierpark Hellabrunn. Experten sehen darin viele Vorteile: Das Fleisch sei garantiert nicht mit Antibiotika verseucht und ein Zoo eben kein Pflegeheim.

Von Martina Bay

Vormittags halten die Kinder noch ihr Lieblingstier aus dem Streichelzoo auf dem Arm. Zwei Tage später landet die Ziege im Magen von Löwe, Luchs oder Tiger. Über dieses Thema sprechen die Tierparks nicht gerne. Wie soll man auch zum Beispiel einem Fünfjährigen erklären, dass das süße Zicklein mit dem weichen Fell irgendwann den Raubtieren zum Fraß vorgeworfen wird? Aber ist es wirklich so schlimm, wenn sich ein Zoo aus seinem eigenen Vorrat bedient? "Ich weiß, dass in Streichelzoos so verfahren wird, und es ist auch sinnvoller, als Fremdtiere zu schlachten", sagt etwa die Münchner Zoologin Ilse Tutter.

Manfred Siering von der zoologischen Staatssammlung sieht das Ganze pragmatisch. Der Ornithologe macht regelmäßig Führungen durch den Tierpark Hellabrunn. "Der Platz ist begrenzt, und in jedem Zoo der Welt ist das so üblich", sagt er. Was solle man auch mit den vielen Ziegen machen, der Zoo platze doch sonst aus allen Nähten. Schließlich würden die Tiere fachgerecht geschlachtet und dann selbstverständlich verwertet. Es sei doch besser ein zweijähriges Zicklein zu nehmen, als wenn man ein mit Antibiotika verseuchtes Fleischstück kaufe.

Siering ist sich bewusst, dass ein Zoo nicht nur schöne Seiten hat, wo die Kinder kommen und die Tiere streicheln. Aber ein Zoo sei eben auch kein Pflegeheim, so Siering. Sein Kollege von der zoologischen Staatssammlung, Klaus Schönitzer, sieht nur Vorteile im Schlachten der Tiere aus dem eigenen Zoo: Es handle sich zu 100 Prozent um unbelastetes Fleisch, also warum solle man es wegschmeißen.

Auch der Tierpark Hellabrunn verfüttert seine Ziegen an die Raubtiere. "Wir decken allerdings nicht den kompletten Bedarf ab, sondern nur einen sehr kleinen Teil", sagt Pressesprecherin Christiane Reiss. Hauptsächlich kaufe man für die Raubtiere Rindfleisch. Aber bei dem eigenen Ziegenfleisch könne man sicher sein, dass es sich um sauberes Fleisch handle und keine Hormone mit im Spiel seien. Man versuche den Bestand an Ziegen konstant zu halten, alles was darüber hinaus gehe, werde geschlachtet, so Reiss.

Wenn die Ziegen in Hellabrunn im Frühjahr geboren werden, sind sie im Oktober schon geschlechtsreif und werden geschlachtet. Viele Besucher wollen das gar nicht so genau wissen. "Wir können aber die Raubtiere nicht zu Vegetariern umerziehen",sagt Reiss.

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