Rathaus:Streit um Referentenwahl stürzt SPD und CSU in Koalitionskrise

Rathaus: "Ich habe für Transparenz gesorgt", sagt Dieter Reiter. Die CSU sieht das anders.

"Ich habe für Transparenz gesorgt", sagt Dieter Reiter. Die CSU sieht das anders.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Wenn ihr unsere Referentin nicht wählt, wählen wir euren Referenten nicht: Die Stimmung zwischen den Regierungsparteien ist aufgeheizt.

Von Heiner Effern

Die geplatzte Wahl von sechs Referenten stürzt CSU und SPD in die heftigste Regierungskrise, seit sie im Rathaus gemeinsam an der Macht sind. "Wir sind am Gelingen der Kooperation interessiert, aber unsere Geduld ist nicht grenzenlos. Die Kooperation ist von der SPD an die Grenze der Belastbarkeit geführt worden", sagt Bürgermeister Josef Schmid (CSU).

Am Dienstag hatten die Regierungspartner den ganzen Tag darum gerungen, wie sie mit den möglichen Finanzlöchern im Sozialreferat und der Wiederwahl der politisch Verantwortlichen, Brigitte Meier (SPD), am Mittwoch umgehen sollten. Das Fazit: Die Wahl von Meier fiel aus, sie wird um vier Wochen verschoben. Und auch die der anderen fünf zu wählenden Referenten.

Diesen Kompromiss trug die CSU nur mit, um die Regierung nicht zu gefährden. "Es gibt keinen logischen Grund, diese Personalfragen zu verknüpfen. Es gibt bei den anderen fünf Referenten keine Probleme, es gibt nur ein Problem Meier", so Schmid. Wer das transparent gemacht und nun vorerst mit der Verschiebung der Wahl gelöst hat, darüber streiten SPD und CSU erbittert.

Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) erklärte am Mittwoch im Stadtrat, er habe den Bericht des Revisionsamtes öffentlich gemacht, der seiner Parteigenossin Meier vorerst die Wiederwahl zur Sozialreferentin verhagelte. Da das Revisionsamt aber bis zuletzt nicht sagen konnte, wie hoch der Schaden durch einen Stau an Abrechnungen bei der Flüchtlingshilfe sei, "habe ich gestern Abend entschieden: Dann wählen wir nicht."

Ohne klare Schadenssumme keine Wahl

So die offizielle Sicht des Oberbürgermeisters, die CSU-Stadträte stinksauer zurückließ. Nach ihrer Lesart hätte die SPD alle sechs Referenten inklusive Brigitte Meier am Mittwoch gewählt, wenn die CSU am Dienstag nicht interveniert hätte. "Wir haben der SPD am Abend unmissverständlich klargemacht, dass die CSU Frau Meier jetzt nicht wählen kann. Das allein war der Grund für die Verschiebung", sagte Bürgermeister Schmid.

Nach dem Studium des Revisionsberichts sei in der Fraktion Konsens gewesen, dass die Schäden durch vertrödelte Abrechnungen wenige Millionen betragen, aber auch deutlich zweistellig sein könnten. "Alle stochern mit der Stange im Nebel", sagte CSU-Fraktionschef Hans Podiuk. Um 11.15 Uhr gab es ein erstes Krisentreffen mit der SPD. Diese habe trotzdem keine Probleme für die Wahl der Sozialreferentin gesehen. Die CSU schon.

Ohne klare Schadenssumme keine Wahl, so ihre Botschaft am Ende des Treffens. Wir wollten eine "auf eine halbe Million Euro belastbare Zahl", sagte Podiuk. Die sei den ganzen Nachmittag nicht gekommen, dafür aber eine Einladung des OB zu einem weiteren Treffen um 18 Uhr. "Da wollte die SPD immer noch Frau Meier wählen", heißt es von der CSU.

In vier Wochen sollen belastbare Zahlen vorliegen

Neue Zahlen gab es aber nicht, obwohl auch die Leiterin des Revisionsamtes zur Sitzung gebeten worden war. Diese habe sich auf wiederholtes Drängen nicht festlegen wollen und können. Die CSU erklärte erneut: So wählen wir Brigitte Meier nicht. Daraufhin die Replik des OB: Dann verschieben wir alle sechs Wahlen. Als die CSU dazu wenig Lust zeigte, weil die fünf anderen Referenten schließlich für die Malaise nichts könnten, ging es hart auf hart.

Dann könne man nicht garantieren, dass CSU-Stadtrat Alexander Dietrich wie geplant zum Personalreferenten gewählt würde, soll die SPD signalisiert haben. Der CSU blieben nach eigener Wahrnehmung zwei Optionen: ein offener Schlagabtausch bei der Referentenwahl, was dem Bruch der Zusammenarbeit gleichgekommen wäre.

Oder alle Referenten wie vorgeschlagen in etwa vier Wochen wählen. Bis dahin sollen belastbare Zahlen vorliegen. "Die SPD und der OB haben nun vier Wochen Zeit, ihr Personalproblem zu lösen. Wir werden Frau Meier nicht wählen, wenn die offenen Fragen nicht restlos geklärt worden sind."

Nicht weniger wütend machte die CSU Reiters Transparenz-Ausspruch. Der Eingangsstempel des OB-Büros auf dem entscheidenden Bericht des Revisionsamtes datiert vom 23. Dezember. Die CSU erhielt ihn am Montagnachmittag. "Die Salamitaktik" von Reiter bei Informationen im Bündnis lasse bei einigen die Galle hochgehen, sagt Michael Kuffer, Fraktionsvize der CSU. Das Revisionsamt habe seiner Partei zudem den Einblick in die Akten verweigert. Transparenz? "Reiter übt noch", sagt Kuffer.

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