Rathaus:Reiter will den kompletten Neustart bei der städtischen IT

städtische IT-Zentrale (Agnes-Pockels-Bogen 21), Rechenzentrale der Stadt München, Rechenzentrum

Server neben Server: Das Städtische Rechenzentrum in München.

(Foto: Florian Peljak)
  • Die Missstände in der städtischen IT sollen mit einem umfassenden Konzept gelöst werden.
  • Die Pläne für den Umbau von Rechnern und Systemen sind noch einmal überarbeitet worden - diesmal ist auch das Bildungsreferat mit eingeschlossen.
  • Mittelfristig soll die EDV in ein eigenes Unternehmen ausgegliedert werden, das unter der Regie des IT-Referats agiert.

Von Heiner Effern und Melanie Staudinger

Die Stadt wirft den für 2018 geplanten Umbau ihrer IT noch einmal um und holt nun zum ganz großen Wurf aus. Neu im Konzept sind nun die bisher ausgeklammerten 35 000 Rechner und 480 Server des Bildungsreferats. Diese sollen künftig die Stadtwerke München (SWM) betreuen. Das erklärten die Fraktionen von SPD und CSU in einer gemeinsamen Mitteilung.

Vom Tisch sind auch die Pläne, den Eigenbetrieb IT@M, der bisher das operative Geschäft betreibt, aufzulösen. Er bleibt zumindest vorerst erhalten, wird jedoch dem neu zu schaffenden IT-Referat unterstellt. Falls es rechtlich und vor allem steuerlich möglich ist, soll dieser Eigenbetrieb entgegen der bisherigen Pläne mittelfristig doch in eine GmbH umgewandelt werden.

Veraltete Computer, langsames Internet und Programmabstürze, die zu stundenlangen Wartezeiten in den Bürgerbüros führen - die Fraktionen von CSU und SPD, vor allem aber auch Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD), haben die Missstände in der städtischen IT endgültig satt. Mittelfristig soll die EDV in ein eigenes Unternehmen ausgegliedert werden, das unter der Regie des IT-Referats agiert. Eine solche Gesellschaft kann in einem hart umkämpften Fachkräfte-Markt deutlich flexibler reagieren.

"Wir müssen die Einstellungsprozesse verkürzen", sagt Anne Hübner, IT-Sprecherin der SPD-Fraktion. Vier bis fünf Monate dauere es, bis eine Stelle besetzt werden könne. Fachkräfte, die in der freien Wirtschaft ohnehin mehr verdienten, wollten so lange meist nicht warten. Außerdem könnte eine GmbH bessere Gehälter bezahlen, als in der Stadtverwaltung üblich seien.

OB Reiter ist "sehr zufrieden" mit dem Konzept, das über seine bisher formulierten Pläne noch hinausgeht. Ursprünglich sollte die IT des Bildungsreferats, die größer ist als alle Systeme der restlichen Stadtverwaltung, erst in einem zweiten Schritt angepackt werden. "Ich möchte, dass überall schnell etwas passiert. Ein erster Schritt wird nun sein, einen Verantwortlichen für die gesamte IT zu finden." Noch in diesem Jahr soll ein eigener IT-Referent gewählt werden. Der soll entgegen der Praxis in solchen zumindest halbpolitischen Chef-Positionen nicht nach Parteibuch, sondern rein nach Eignung bestimmt werden.

Ein spannender Job für einen IT-Manager

Der OB ist zuversichtlich, einen versierten Manager verpflichten zu können. "Die IT der größten Stadtverwaltung Deutschlands neu aufzustellen, ist doch eine reizvolle Aufgabe." Dass unter der Referatsspitze nicht eigenes Personal, sondern zunächst die IT@M die operative Arbeit leisten soll, sieht der OB vor allem als Zeitgewinn. "Das hätte sonst alles viel länger gedauert."

Der Plan von CSU und SPD dürfte vor allem bei den Schulleitern und Lehrern gut ankommen. Immer wieder schimpfen sie über die mangelhafte IT-Ausstattung. Zwar hat der Stadtrat schon schnellere Internetverbindungen und den Wlan-Ausbau an Schulen beschlossen. Viele Alltagsprobleme lösen diese Vorhaben aber nicht. Hard- und Software sind nicht auf dem neuesten Stand. Das sollen die Stadtwerke ändern.

Wie genau deren Engagement aussehen soll, davon geben sie derzeit nicht viel preis. Die Fraktionen erwarten, dass auch hier eine GmbH das Geschäft erledigen soll. Die "vorgesehenen Aufgaben trauen sich die SWM zu", erklärte ein Sprecher dazu nur. Fragen zu Zeitpunkt, Mitarbeiter oder Organisationsform bleiben mit Verweis auf die ausstehende Entscheidung im Stadtrat unbeantwortet. OB Reiter erklärt, dass Stadtwerke-Chef Florian Bieberbach ihm im persönlichen Gespräch volle Kooperation zugesagt habe.

Funktionierende IT muss eine Selbstverständlichkeit sein

Stadtschulrätin Beatrix Zurek (SPD) ist nicht traurig, dass die IT-Abteilung aus ihrem Referat ausgegliedert wird. "Eine funktionierende IT an Bildungs- und Sporteinrichtungen gehört heutzutage zur infrastrukturellen Grundausstattung", erklärte sie. Die Stadt müsse rasch auf künftige Änderungen im IT-Bereich reagieren können, um den Schülern bestmögliche Lernbedingungen zu ermöglichen. Die Referate sollen jeweils kleinere IT-Einheiten behalten, die sich nur um Anforderungen kümmern werden. An allen großen Standorten soll es weiterhin den sogenannten Vor-Ort-Support geben, um IT-Ausfälle umgehend zu beheben oder gleich zu vermeiden. Die Entscheidungen fallen aber im neuen Referat.

"Unsere Entscheidung, zunächst ein schlankes IT-Referat zu gründen, schafft klare Verantwortungsstrukturen", sagt Kristina Frank, stellvertretende Fraktionsvorsitzende. Bis spätestens zum Jahr 2020 soll laut dem Papier der Fraktionen ein einheitlicher städtischer Standard gelten: Alle Beschäftigten sollen mit moderner Bürosoftware arbeiten, die nach innen und außen kompatibel ist. Außerdem müssten städtische Anwendungen unabhängig vom Betriebssystem des Endgeräts funktionieren. Die Grünen kritisierten das Konzept als "halbscharig". Grundsätzliche Probleme wie die "Zersplitterung" der Zuständigkeiten würden nicht gelöst, sagte Fraktionssprecher Florian Roth.

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