Rassismus-Prozess:Zweifelhafter Rassismus-Test

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Hamado Dipama kämpft vor Münchner Gericht gegen Alltagsrassismus. Der Prozess gegen die Diskothek "Herzblatt" steht auf der Kippe. (Foto: Stephan Rumpf)
  • Hamado Dipama vom Münchner Ausländerbeirat hat mehrere Münchner Clubs verklagt, da diese ihn wegen seiner Hautfarbe abgwiesen hätten.
  • Das Verfahren gegen die Diskothek "Herzblut" hat er in erster Instanz gewonnen.
  • Allerdings sieht das Landgericht München I Lücken in der Beweislage.

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Ein schwarzer Club-Türsteher weist aus rassistischen Gründen einen schwarzen Besucher ab? Hamado Dipama aus Burkina Faso, Mitglied des Münchner Ausländerbeirats, sieht das so. Und ein Münchner Amtsrichter auch: Er hat die Diskothek "Herzblut" zur Unterlassung und zu einer Zahlung von 500 Euro Schmerzensgeld an Dipama verurteilt. Ob dieses Urteil Bestand haben kann, muss derzeit das Landgericht München I überprüfen - die 13. Zivilkammer tut sich aufgrund der dürftigen Beweislage jedoch schwer.

Dipama hatte im April 2013 mit einigen Bekannten einen Rassismus-Test in zahlreichen Clubs und Bars gemacht. Später hat er mehrere Clubs verklagt, da diese ihn wegen seiner Hautfarbe abgewiesen hätten. Drei Verfahren endeten mit Vergleichen, zweimal siegte und einmal verlor er - der aktuelle Fall steht nun auf der Kippe.

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Unser Autor ist in Leipzig geboren, spricht - wenn er will - Sächsisch und ist schwarz. Fremde Menschen pöbeln ihn an, bespucken ihn. Umstehende tun, als würden sie nichts bemerken. Wie lebt es sich mit Rassismus im Alltag?

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Warum die Beweislage dürftig ist

Wie schon der Amtsrichter festgestellt hat, sei hier die Beweislage "gekennzeichnet durch Lücken, Unschärfen und Unvollständigkeiten". Derselbe Richter, der in einem Parallelverfahren zugunsten eines Clubs entschieden und Dipamas Klage abgewiesen hatte, sieht nun "ein starkes Indiz für eine Diskriminierung aufgrund der Hautfarbe": Denn der gleichfalls dunkelhäutige Türsteher soll zu Dipama gesagt haben, dass er "sich selbst beleidigen" müsse, wenn er den wahren Grund für Dipamas Abweisung nennen würde.

Allerdings hat derjenige Türsteher, dem dieser Satz zugeschrieben wird, an diesem Abend angeblich dort an dieser Tür gar keinen Dienst gemacht. Club-Anwalt Peter Schuster sagt, dass ein Sicherheitsdienst die Türsteher stelle - die entsprechenden Dienstpläne habe er vorgelegt. Dipamas Angaben seien widersprüchlich, vielleicht gebe es eine Verwechslung. Im Übrigen habe Dipama seine Ansprüche erst einen Monat nach dem "Test" gestellt. Das hatte auch schon der Amtsrichter bemängelt: Wäre der Club-Betreiber zeitnah mit den Vorwürfen konfrontiert worden, hätte er eine Beweissicherung durchführen können.

Dipamas Anwalt Wolfgang F. Weber sieht aufgrund der vom Amtsgericht festgestellten Sachlage dennoch ausschließlich den Club in der Beweispflicht. Weitere Zeugen haben beide Seiten vor dem Landgericht nicht angeboten. So ist offen, wie die Kammer am 24. November entscheiden wird. Die ungeklärte Frage, wer Türsteher gewesen sei, steht ebenso im Focus, wie die "Versuchsanordnung" des Tests, deren Aussagekraft das Gericht für "bedenklich" hält.

© SZ vom 21.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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