Ramersdorf:Vorbild für modernes Bauen

Landesamt für Denkmalpflege erweitert Ensemblefläche der historischen "Mustersiedlung Ramersdorf"

Von Hubert Grundner, Ramersdorf

Oftmals zäh und nicht selten vergeblich gestaltet sich in München der Kampf um den Erhalt ortsbildprägender Gebäude. Aktuell bemüht sich beispielsweise der Förderverein "1000 Jahre Urkunde Aubing" darum, den alten Dorfkern zu erhalten: Bis zum Herbst, das hatte der Landesdenkmalrat 2012 entschieden, müsse ein wegweisender Richtungswechsel in der Baukultur erkennbar sein, falls Aubings Mitte seinen Status als denkmalgeschütztes Ensemble behalten soll. Fällt aber erst einmal der Ensembleschutz, ist es fast unmöglich, neuere Bauprojekte im Sinne eines stimmigen Gesamtbildes zu beeinflussen. Umso erstaunlicher erscheint da die Mitteilung des Planungsreferats, die der Bezirksausschuss (BA) 16 Ramersdorf-Perlach jüngst erhalten hat: Demnach ist die Ensemblefläche der "Mustersiedlung Ramersdorf" vergrößert worden.

Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege (BLfD) sei bei der Revision und Nachqualifizierung der Denkmalliste auf die Mustersiedlung Ramersdorf aufmerksam geworden. Dabei ist der Behörde offenbar aufgefallen, dass der Park zwischen Hohenaschauer-, Wilram-, Rosenheimer und Herrenchiemseestraße nicht zum geschützten Ensemble gehört, aber alle für den Denkmalschutz geforderten Voraussetzungen erfüllt.

In der Begründung der Erweiterung schreiben die BLfD-Experten, dass die Mustersiedlung Ramersdorf und die Ausstellung "Garten und Heim" im Zuge der Siedlungsausstellung München 1934 nach dem Entwurf von Guido Harbers errichtet beziehungsweise angelegt worden seien. Die Siedlung widmete sich dem Thema Wohnen, der Bereich "Garten und Heim" dem Bezug zum Garten und zur Selbstversorgung. Die Kleinhaussiedlung setzt sich aus ein- bis zweigeschossigen Einzel-, Doppel- und Reihenhäusern zusammen. Laut BLfD errichteten 21 Architekten - unter anderem Sep Ruf, Hanna Loev, Max Delefant und Guido Harbers - bis zur Ausstellungseröffnung am 30. Juni 1934 insgesamt 192 Häuser auf dem Areal der Kleinhaussiedlung. Ergänzt wurde die Siedlung durch eine Gaststätte, eine Kirche und Läden.

Unmittelbar angrenzend fand die Ausstellung "Garten und Heim" statt. Dieser Teil der Ausstellung ergänzte das Wohnen um die Anlage von Gärten für Wohn- beziehungsweise Siedlungshäuser. Die Ausstellungsbereiche waren unmittelbar aufeinander bezogen. Wenngleich die Einzelgärten heute nicht mehr erkennbar seien, sei die Grünfläche als Gesamtanlage erhalten. Wie die Denkmalschutzexperten weiter erläutern, war diese Grünanlage von Beginn an als Parkfläche durch Baum- und Strauchbepflanzung angelegt und sollte nach Ende der Ausstellung für die Bewohner der Siedlung zur Verfügung stehen. Deshalb kam man beim BLfD zu dem Schluss: "Die Siedlung und der Bereich der Ausstellung ,Heim und Garten' sind geschichtlich und städtebaulich aufeinander bezogen."

Zur Mustersiedlung merken die Experten an, dass sie einen in sich geschlossenen Bereich darstellte: In Situierung - von der Stadt getrennt - und Begrünung der Gartenstadtbewegung verpflichtet, einerseits auf den Ortskern Ramersdorf mit seinem hohen Kirchturm ausgerichtet und damit in die unmittelbare Umgebung eingebunden, andererseits durch Anger und Kirche als Gemeinschaft strukturiert. Außerdem greift der neue Eintrag in der Denkmalliste die zeitgeschichtlichen Umstände auf. Demnach lockte die Ausstellung die Besucher nicht im gewünschten Umfang an, sie fand auch nicht die erhoffte Anerkennung der nationalsozialistischen Machthaber. Trotzdem sollten hiermit Vorgaben für die Siedlungsanlagen gemacht werden, die in den folgenden Jahren und auch in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg aufgegriffen worden sind. "Der Mustersiedlung Ramersdorf kommt somit eine Vorbildfunktion zu", urteilen die Experten des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege.

Wie kaum anders zu erwarten, hatten die Mitglieder im BA 16 nichts gegen die Entscheidung der BLfD einzuwenden. Sie stimmten der Erweiterung der Ensemblefläche einhellig zu.

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