Ramersdorf:Schlaflos ohne Ohrenstöpsel

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Umweltreferat beruft sich nach Beschwerden über nächtlichen Lärm auf Rechenmodelle und lehnt konkrete Messungen ab

Von Hubert Grundner, Ramersdorf

"Extreme Lärmbelästigung - Tag und Nacht. Schlaf nur noch mit Oropax möglich." Knapper und anschaulicher lässt sich ein Antrag kaum formulieren wie jener, den ein Besucher der Bürgerversammlung für Ramersdorf im vergangenen Juni gestellt hat. Er wollte erreichen, dass die Polizei auf Rosenheimer Straße, Chiemgaustraße und Mittlerem Ring, soweit sie im Stadtteil liegen, Lärm- und Geschwindigkeitsmessungen durchführt. Auf seine Ohrenstöpsel aber wird der geplagte Anwohner vermutlich so bald nicht verzichten können. Das zumindest lässt sich aus dem Antwortschreiben des Referates für Gesundheit und Umwelt schließen, das dem Bezirksausschuss (BA) Ramersdorf-Perlach zugegangen ist.

Erklärend heißt es darin, dass das Referat grundsätzlich keine Lärmmessungen macht. Stattdessen würden zur Beurteilung der Lärmbelastungen, die vom Straßen- und Schienenverkehr ausgehen, Berechnungen angestellt. Das entsprechende Rechenmodell geht dabei von bestimmten Wind- und Temperaturverhältnissen aus, wobei die Behörde hinzufügt: "Dies führt in der Regel zu höheren Beurteilungspegeln als bei Messungen." Solche Messungen haben außerdem den Nachteil, dass sie nicht zu reproduzierbaren und repräsentativen Ergebnissen führen und mit ihnen deshalb auch keine nachvollziehbaren Vergleiche angestellt werden können. Ursachen dafür sind je nach Mess-Situation wechselnde Witterungsbedingungen, abweichendes Verhalten der Autofahrer oder auch unterschiedliche Störgeräusche.

Dabei wird der Vorteil der Vergleichbarkeit von Lärmberechnungen mit einer gewissen Schwäche der Methodik erreicht, worauf auch das Umweltreferat hinweist: Um die Geräuschkulisse in einem bestimmten Zeitraum zu beurteilen, werden gemittelte Messwerte herangezogen "und nicht die Spitzenpegel, die bei der Vorbeifahrt einzelner Fahrzeuge erreicht werden". Sprich, ein paar Raser um 3 Uhr morgens fallen statistisch betrachtet an einem Tag kaum ins Gewicht, bringen aber viele Leute um ihren Schlaf.

Ansonsten aber, so darf man das Schreiben des Umweltreferates interpretieren, werde schon getan, was möglich ist. Demnach überwacht die Polizei den Bereich der Rosenheimer und Chiemgaustraße bezüglich Lärmbelästigungen und Tempoverstößen. So befindet sich nach Behördenangaben die Rosenheimer Straße im regelmäßigen Geschwindigkeitsprogramm des Polizeipräsidiums; dabei wird zwischen der Ludwigsbrücke und der Chiemgaustraße überwacht. Diese Geschwindigkeitskontrollen finden zu unterschiedlichen Tages- und Nachtzeiten sowie an unterschiedlichen Standort statt. Wie es weiter heißt, wurden im Jahr 2016 im Bereich der Rosenheimer Straße und der Chiemgaustraße insgesamt knapp 4000 Kraftfahrer bei Verkehrskontrollen beanstandet; davon waren nicht ganz 1100 Fahrer zu schnell unterwegs. Wobei es sich laut Polizei meist um nur geringfügige Tempoverstöße von zehn bis 15 Kilometer pro Stunde gehandelt hat. "Bei lediglich 22 Kraftfahrern wurde eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 31 bis 40 km/h festgestellt."

Darüber hinaus spricht die Polizei noch ein anderes brisantes Thema an - illegale Autorennen. Demnach meldeten sich zwischen Januar und November 2016 fünf Bürger, die auf Rosenheimer und Chiemgaustraße entsprechenden Beobachtungen gemacht haben wollen. "Jedoch konnte dies durch die jeweiligen sofort eingesetzten Polizeibeamten nicht bestätigt werden", heißt es weiter.

In anderen Fällen, bei denen Anhänger der Tuningszene oder sogenannte "Autoposer" beteiligt waren, sind die Beamten hingegen eingeschritten: Allein im Jahr 2015 wurden insgesamt 121 Fahrzeuge wegen des von ihnen verursachten extremen Lärms sichergestellt und ihre Untersuchung durch den Technischen Überwachungsverein angeordnet. Das Polizeipräsidium betont, dass sich Bürger jederzeit bei Verkehrsdelikten oder Lärmbelästigungen unter der Notrufnummer 110 melden können.

© SZ vom 21.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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