Ramersdorf-Perlach:Da waren's nur noch drei

Mittlerer Ring in München, 2011

Laut und voll: die Tegernseer Landstraße zwischen Candidtunnel und dem Anfang der Autobahn A 8.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Der Bezirksausschuss Ramersdorf-Perlach will sich nicht festlegen, ob der Mittlere Ring untertunnelt oder tiefergelegt werden soll - und verabschiedet sich aus der geplanten konzertierten Aktion mit anderen Gremien

Von Birgit Lotze, Ramersdorf-Perlach

Aus der konzertierten Aktion von vier Bezirksausschüssen für einen kreuzungsfreien Ausbau des Mittleren Rings vom Candidtunnel bis zum Innsbrucker Ring wird vorerst nichts. Ausgerechnet der Bezirksausschuss Ramersdorf-Perlach (BA 16) - ein Viertel, dem Prognosen mit der Öffnung des Tunnels am Luise-Kiesselbach-Platz Ende Juli einen enormen Verkehrsanstieg voraussagen - wollte sich die Mehrheit überraschend nicht auf die Forderung nach Untertunnelung oder Tieferlegung des Mittleren Rings festlegen. Der Antrag, unterstützt von CSU und FDP, fiel durch. Die CSU reagierte enttäuscht: "Wir hatten uns mehr Signalwirkung versprochen."

Der BA 16 schloss sich zwar der Forderung nach der Fortführung der Planung des kreuzungsfreien Ausbaus des Mittleren Rings an - von der Isar über die Tegernseer Landstraße, die Chiemgaustraße und den Innsbrucker Ring bis zum Berg-am-Laim-Tunnel. Aber dies ist jetzt nur ein Punkt unter vielen. Ob dieser Punkt überhaupt in den Forderungskatalog aufgenommen wird, muss noch ein Unterausschuss entscheiden.

In einem ersten Entwurf hatten Arbeitsgruppen der vier Bezirksausschüsse, die rund 250 000 Münchner vertreten, ihre Forderungen gebündelt. Die Bezirksausschüsse Obergiesing-Fasangarten und Untergiesing hatten das Papier bereits im April verabschiedet. In Berg am Laim gab es zwar Änderungswünsche, doch die Stadtteilpolitiker haben zu den gemeinsamen Plänen im Großen und Ganzen Zustimmung angedeutet - auch wegen der Signalwirkung. Nach dem Absprung der Kollegen in Ramersdorf-Perlach werden sie sich allerdings vermutlich nochmals überlegen, ob sie ein positives Votum abgeben, denn: Die Bürger in Berg am Laim sind nicht an weiteren Tunneln interessiert, sie wollen einen Deckel am Tunnelausgang des Leuchtenbergrings.

In Ramersdorf-Perlach setzte sich die SPD - unterstützt von den Grünen - durch. Die Fraktion wartete in einem eigenen Papier mit Forderungen nach einer Entlastung auf. Danach soll der öffentliche Personennahverkehr im Südosten Münchens verbessert werden, verbunden mit zusätzlichen Park-and-Ride-Flächen für Pendler und einem elektronischen Verkehrsleitsystem, das Autofahrer auf die Parkplätze lenkt. Der S-Bahn-Südring soll zumindest partiell umgesetzt werden und die Bahnhöfe Harras, Mittersendling, Siemenswerke, Solln und Deisenhofen einbeziehen. Die SPD konnte sich auch mit einem Antrag für eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf dem Mittleren Ring durchsetzen: Dort, wo er unmittelbar an die Wohnbebauung grenzt, soll von 22 Uhr bis 6 Uhr morgens Tempo 30 gelten.

Voraus ging dieser Entscheidung eine Debatte über den Sinn und Unsinn weiterer Tunnels entlang des Mittleren Rings. Während der CSU-Fraktionsvorsitzende Simon Soukup für eine Tunnellösung warb, die mehr Wohnraum und mehr Grün ins Viertel bringen würde, sprach die SPD von einem "Megaprojekt", das andere Planungen auf Jahre verzögere oder eventuell zunichte mache - vor allem eine Ortskernsanierung Ramersdorfs. "Dann heißt es, das machen wir in einem Aufwasch. Und das ist dann in 35 Jahren", sagte Markus Guinand (SPD). Die Grünen machten darauf aufmerksam, dass Tunnelprojekte nicht nur Platz schaffen, sondern auch viel Areal für Zufahrtsrampen brauchen. Die Luft werde nicht sauberer, Autos nicht weniger. Vor allem Anlieger von Zubringerstraßen seien mehr Verkehr ausgesetzt, die Unterhaltungskosten immens. Sabrina Landes (Grüne) hält Tunnelprojekte für nicht mehr zeitgemäß: "Wir verbuddeln Milliarden in Tunnel statt in moderne Verkehrsstrukturen." Das Auto mit Verbrennungsmotor sei "ein echter Dinosaurier".

Dass Tunnel wohl kaum zur Luftreinhaltung beitragen und an anderer Stelle Staus generieren, gab auch der Landtagsabgeordnete und Bezirkspolitiker Markus Blume (CSU) zu. Er machte noch mal auf ein Kernproblem der Stadtteile im Südosten aufmerksam und warb dafür, gemeinsam mit den Nachbarn an einem Strang zu ziehen. Mit dem Antrag gehe man noch nicht in die Planung, sondern es solle eine Debatte losgetreten werden: "Vergesst uns hier im Münchner Osten nicht." Wesentliche Teile des Mittleren Rings seien untertunnelt, der Verkehr fließe dort zügiger und staue sich umso heftiger im Südosten der Stadt, vor allem am Autobahnkopf: "Die anderen haben die Verbesserungen, wir haben die Ampel." Die Frage sei doch: "Wie können wir die Menschen in unserem Abschnitt schützen?"

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