Culture Kitchen in Ramersdorf:Antanzen und Teetrinken

Culture Kitchen in Ramersdorf: Die Architektin Angelika Zwingel organisiert "Culture Kitchen" mit einem kleinen Team seit zwei Jahren.

Die Architektin Angelika Zwingel organisiert "Culture Kitchen" mit einem kleinen Team seit zwei Jahren.

(Foto: Catherina Hess)

"Culture Kitchen" heißt das Projekt, bei dem Münchner und Migranten zum Kochen zusammenkommen. Die Zugereisten - wie das Team die Flüchtlinge lieber nennt - sollen nicht lange fremdeln und möglichst rasch Bekanntschaften schließen.

Von Ramona Drosner

Samir Ismail stellt ein Tablett mit kleinen Gläschen auf den Biertisch im Park. "Wer möchte Tee?", fragt er in die Runde. Fast alle der zwanzig Anwesenden antworten mit einem zustimmenden Nicken. Sie sitzen nebeneinander auf der Bank, hacken Petersilie oder pressen Zitronen mit der Hand aus. Ismail schenkt aus.

Den Tee trinkt man in seiner Heimat schwarz, mit viel Zucker gesüßt. Es scheint, als teile er diese Tradition gerne mit den Münchnern. Zum ersten Mal in diesem Jahr ist es für die "Culture Kitchen" warm genug, um draußen im Park vor dem Trambahnhäusl an der Rosenheimer Straße 238 zu kochen.

Culture Kitchen in Ramersdorf: Gemeinsam schnippeln und rühren, in geselliger Runde essen.

Gemeinsam schnippeln und rühren, in geselliger Runde essen.

(Foto: Catherina Hess)

Monatliche Aktion

"Wir jonglieren heute ein bisschen," sagt die Organisatorin Angelika Zwingel und meint damit, dass Kochkunst und Kreativität aller Beteiligten zum Ausschmücken der geplanten Dip-Rezepte gefragt sind. Die Architektin organisiert seit etwa zwei Jahren in ihrer Freizeit mit einem vierköpfigen Team der Münchner Save-Me-Kampagne die "Culture Kitchen".

Bei der monatlichen Kochaktion könnten sich Münchner mit Zugereisten - wie das Team Migranten und Flüchtlinge lieber nennt - austauschen. Auf dem Menüplan stehen an diesem Tag Dips aus dem Nahen Osten, serviert zu Fladenbrot und Linsensuppe.

"Ich wollte Freiheit"

Den Nahen Osten hat Samir Ismail schon lange nicht mehr gesehen, er lebt seit 15 Jahren in Deutschland. Aus welchem Land er genau kommt, will er lieber nicht in der Zeitung lesen, er fürchtet, die Regierung seiner Heimat könne Nachforschungen über ihn anstellen.

Ismails Leben spielt jetzt in München. Der 34-Jährige erzählt, dass er damals seinem Bruder nach Deutschland gefolgt sei. "Ich wollte Freiheit", begründet er seine Flucht. Jetzt engagiert er sich für die Neuankömmlinge in München und erzählt, dass er fünf Sprachen spreche. Als gelernter Bürokaufmann sei er für die Stadt München in der Bayernkaserne tätig.

Die Rhythmen seines Geburtslandes

Während Ismail in der Küche verschwindet, um neuen Tee aufzusetzen, rückt sich Lamin Mané das Käppi zurecht. Seine Hände sind vom Auspressen der Zitronen ganz nass. Heimat sei das, was man daraus mache, findet der junge Senegalese. Er ist seit sieben Jahren in München und arbeitet bei der Deutschen Bahn. Davor habe er mit seiner Familie 14 Jahre in Spanien verbracht, erzählt er. Viel Zeit hat er nicht in Westafrika verbringen können. Die Rhythmen seines Geburtslandes sind ihm trotzdem präsent geblieben.

Culture Kitchen in Ramersdorf: Wegweiser auf dem Boden.

Wegweiser auf dem Boden.

(Foto: Catherina Hess)

"Mein Traum ist die Musik", sagt Mané. Mit seinen Freunden spielt er manchmal im Englischen Garten Djembé, die typisch westafrikanische Felltrommel. Als "Jarck Boy" macht er Reggae und R'n'B. Videos zu seiner Musik habe er auch schon gedreht: "Am liebsten im Winter, Schnee kennt ja nicht jeder."

"Geil" und "Alter Schwede": die Jugendsprache der Zugereisten

Projektleiterin Angelika Zwingel schaut immer wieder bei den Biertischen nach dem Rechten, doch die Kochteams sind vergnügt. Neben Mané sitzt Claus-Christian Vogel und schnippelt Salat. Er amüsiert sich über die Jugendsprache der Zugereisten; Ausrufe wie "geil" und "Alter Schwede" hört man des Öfteren am Tisch.

Er hat hin und wieder Deutsch in der Bayernkaserne unterrichtet: "Ich wollte einfach ein freundliches Gesicht für Flüchtlinge sein." Wie wohl den meisten am Tisch, ist es ihm ein Anliegen, dass München für die Neuankömmlinge aus den verschiedenen Ländern zur Heimat wird.

Dann ist der Tee ausgetrunken und das Mittagessen fertig. Die Münchner und Zugereisten setzten sich zusammen an den Tisch und reichen sich die Schalen mit Baba Ghanouch, Suppe und Fladenbrot.

Culture Kitchen in Ramersdorf: Zwischendrin auch einmal ein Tavli spielen - das ist das Rezept von "Culture Kitchen".

Zwischendrin auch einmal ein Tavli spielen - das ist das Rezept von "Culture Kitchen".

(Foto: Catherina Hess)
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