Räumung am Rindermarkt:KVR übt harsche Kritik an Gerichtsurteil

Räumung eines Lagers hungerstreikender Flüchtlinge in München, 2013

Juristisches Nachspiel: Die Räumung des Lagers hungerstreikender Flüchtlinge in München, 2013.

(Foto: Robert Haas)
  • Kreisverwaltungsreferent Blume-Beyerle verteidigt die Auflösung des Flüchtlings-Camps und kritisiert das Urteil des Münchner Landgerichts.
  • Dieses hatte die Räumung am Rindermarkt als rechtswidrig bezeichnet.
  • Blume-Beyerle begründet sein "Unverständnis" vor allem mit der akuten Lebensgefahr, in der die Flüchtlinge in jenen Stunden geschwebt seien.

Von Bernd Kastner

Das Kreisverwaltungsreferat (KVR) ist verärgert über das Landgericht München I. Das hat die Räumung des Hungerstreik-Camps auf dem Rindermarkt für "rechtswidrig" erklärt. Die Polizei war auf Anordnung des KVR am Morgen des 29. Juni 2013 angerückt. Die 26. Strafkammer stellte nun in einem Prozess gegen einen der rund 50 protestierenden Flüchtlinge fest, dass nicht das KVR, sondern allein die Polizei für die Sicherheitslage am Rindermarkt zuständig gewesen sei, deshalb sei die Aktion "rechtswidrig". "Ich bin stocksauer", kommentiert KVR-Chef Wilfried Blume-Beyerle das Urteil.

Er begründet sein "Unverständnis" vor allem mit der akuten Lebensgefahr, in der die Flüchtlinge in jenen Stunden geschwebt seien. Sie hatten seit einer Woche nichts mehr gegessen und seit mehreren Tagen auch nichts mehr getrunken. Bis zum Tag vor der Räumung seien mehr als 40 Mal geschwächte Flüchtlinge in Kliniken transportiert worden. An jenem Samstag sei einem vom KVR bestimmten Arzt auch der Zutritt zum Camp verweigert worden, um die Hungerstreikenden zu untersuchen.

KVR-Chef kritisiert Landgericht

Als sich der Mediziner dennoch kurzzeitig Zutritt verschafft habe, habe er festgestellt, dass mehr als 30 Personen "apathisch herumlagen". Ein Flüchtling sei bewusstlos gewesen. Außerdem habe ein von den Hungerstreikenden beauftragter Arzt laut KVR gesagt, dass man auch den Tod eines Patienten in Kauf nehmen müsse. Dies habe die Stadtspitze zur Räumung am Sonntag veranlasst. 44 Asylbewerber seien in Kliniken gekommen.

Dass die Polizei laut Gericht zuständig gewesen sei, ist für das KVR "nicht nachvollziehbar". Gebe es doch "eine explizite Weisung" des bayerischen Innenministeriums, dass bei Dauerversammlungen nicht die Polizei, sondern die Kreisverwaltungsbehörde zuständig sei. Und überhaupt, kritisiert Blume-Beyerle, habe sich das Landgericht gar nicht mit den konkreten Umständen der Camp-Auflösung befasst: Sein Haus jedenfalls sei nicht um eine Stellungnahme gebeten worden.

Der KVR-Chef wünscht sich, das Strafgericht hätte sich nicht mit Fragen des Versammlungsrechts befasst, weil dies für den Prozess nicht relevant gewesen sei und weil es dies "offenbar nicht voll beherrscht". Er befürchtet, dass nun ein "Makel" am Kreisverwaltungsreferat hängen bleibe: In einem Strafverfahren könne sich die Behörde "nicht wehren". Sein Haus aber werde bei seiner Linie bleiben und auch künftig so agieren, wie man es auf dem Rindermarkt getan habe, kündigt Blume-Beyerle an.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: