Radiomoderator Thomas Ohrner:Stippvisite auf dem Abenteuerspielplatz

Früher war er im Fernsehen als Timm Thaler bekannt, heute ist er Radiomoderator beim Bayerischen Rundfunk, und für das Fernsehen unterwegs: Tommi Ohrner. Jetzt gibt er wieder ein kurzes Gastspiel im Kino.

Gerhard Fischer

Thomas Ohrner ist wieder da, und er sieht gut aus. Er trägt ein blaues Hemd, er ist schlank, er wirkt jung und frisch - in jedem Fall für einen Mann, der 46 Jahre alt ist. Ohrner trägt das blaue Hemd in dem Kinofilm "Das Haus der Krokodile", er ist mit Katja Weitzenböck verheiratet, sie verreisen und lassen ihre Kinder, den elfjährigen Viktor und seine beiden Schwestern, in einem großen Haus zurück. Ohrner sagt zum Abschied ein paar Worte, er mahnt, aber er lächelt dabei. Er ist ein netter Vater.

Radiomoderator Thomas Ohrner: Im Kino ist er heute eigentlich nur noch besuchsweise: Thomas Ohrner, als Timm Thaler oder als Libero Manni früher ein Kinderstar.

Im Kino ist er heute eigentlich nur noch besuchsweise: Thomas Ohrner, als Timm Thaler oder als Libero Manni früher ein Kinderstar.

(Foto: Stephan Rumpf)

Thomas Ohrner war einmal ein Kinderstar. Er war Timm Thaler, der Junge, der sein Lachen verkauft hat, und er war Manni, der Libero. Es war eine Zeit, in der alle Fußballer lange Haare und breite Koteletten trugen, nur Helmut Schön, der Bundestrainer, trug eine Glatze und breite Koteletten. Schmidt war Kanzler und Genscher Außenminister und Ohrner, das dachten wohl alle, würde einmal ein großer Schauspieler werden, wenn er groß geworden ist.

Doch Thomas Ohrner verschwand vom Bildschirm. Er war plötzlich weg, wie Heintje, der so wunderbar "Mama" singen konnte und einen Manager hatte, der Addy Kleijngeld hieß. Heintje war nur als Kind ein Star und wurde später ein Experte: für verpatzte Comebacks.

Thomas Ohrner ist nicht gescheitert, er hat gar nicht versucht, ein großer Schauspieler zu werden; Ohrner sagt, er habe sich "mit 17 oder 18 Jahren bewusst gegen die Schauspielerei entschieden". Natürlich hat er darüber nachgedacht, er war ja ein Kinderstar, und es lag nahe, einfach weiterzumachen, um ein erwachsener Star zu werden. Aber Ohrner wollte nicht. Er fand, die Schauspielerei sei "ein launischer Beruf"; er kannte viele Kollegen, die lange auf Rollen warten mussten. Außerdem wäre er immer an Timm Thaler gemessen worden - so wie Inger Nilsson, die immer an Pippi Langstrumpf gemessen wurde und als erwachsene Schauspielerin nicht mehr glücklich geworden ist.

Glücklich im Radio und Fernsehen

Thomas Ohrner wurde Moderator. Er hat zunächst ein Hörfunk-Volontariat bei RTL gemacht, dann zählte er zum Gründungsteam von Antenne Bayern; Viktor Worms war damals auch dabei, später stieß Katrin Müller-Hohenstein dazu. Es war die Zeit, als das Privatfernsehen und das Privatradio aufkamen - es war eine Entwicklung, so Ohrner, "vor der man Respekt hatte, die aber auch viele Möglichkeiten bot - und da hat man Gas gegeben".

Heute arbeitet er für den Bayerischen Rundfunk. Man hört ihn im Radio. "Es ist eine Herausforderung, jeden Tag für Bayern 1 eine Live-Sendung zu machen", sagt er, "nehmen wir den Tag, als das Unglück in Fukushima geschah: Wir hatten unsere Sendung am Tag zuvor vorbereitet - und nach dem Unfall musste alles umgeworfen werden." Hektisch wurden die Korrespondenten angerufen, ständig wurden die Nachrichten aktualisiert. "In solchen Situationen kann ein gut gemachtes Radio noch seine Stärken zeigen", sagt Thomas Ohrner.

Und man sieht ihn im Fernsehen. Die Sendung heißt "Nachfolger gesucht", sie fahren quer durch Bayern und besuchen Betriebe, die einen Nachfolger suchen, etwa eine Landarztpraxis. "Ich brauche diese Vielfalt für ein erfülltes berufliches Leben", sagt er, "ich trage eine innere, neugierige Unruhe mit mir herum."

Man sieht es ihm an. Zwar sitzt er ruhig da. Aber innerlich, da ist er offenbar ständig in Bewegung. Man merkt das, wenn er redet. Er spricht schnell, fast meint man, er formuliere schon den nächsten Satz, bevor der aktuelle den Mund verlassen hat.

Und man merkt es, wenn man ihm eine Frage stellt. Man hat dann das Gefühl, dass es in ihm rattert: Erinnerungen treffen sich mit Gedanken an das, was er daraus destillieren und als Antwort sagen wird. Selten ist eine Antwort kurz, selten ist sie belanglos, nie ist sie respektlos. Er nimmt sein Gegenüber ernst.

Auf dem Abenteuerspielplatz

Manchmal denkt man an Thomas Gottschalk, wenn man ihm zuhört. Der Ton ist ähnlich, vielleicht liegt es daran, dass beide beim Radio ausgebildet worden sind. Thomas Ohrner hatte einen Sprachlehrer bei RTL, er habe gelernt, mehr "von unten" zu sprechen. "Ich arbeite mit dem Zwerchfell, nicht mit den Stimmbändern. Ich mache das immer, auch privat - außer man schreit mal, da ist man unkontrollierter." Ohrner hat vier Kinder, sicher hat er auch einmal gebrüllt. In dem Film "Das Haus der Krokodile", der an diesem Donnerstag anläuft, schreit er nicht mit seinen Kindern. Aber sein Auftritt ist auch nur kurz.

Warum hat er überhaupt mitgespielt? Ist das sein Comeback als Schauspieler? Eine späte Korrektur der reifen Entscheidung, die er als 17-Jähriger getroffen hatte? Nein. Ist es nicht. Ganz und gar nicht. Er hatte ja schon ein paar Rollen in den letzten 30 Jahren, etwa bei "Die glückliche Familie" oder bei "Verbotene Liebe". Aber da wollte er nur mal gucken, erklärt er. Aus Neugier. Er sagt, die Schauspielerei sei für ihn bloß ein "Abenteuerspielplatz" - wie damals, als er ein Kinderstar im Fernsehen war; als er neben Timm Thaler sein echtes Leben hatte, die Schule, die Freunde, die Familie, die Mutter, die stets darauf geachtet hat, dass er geerdet blieb. "Sie hat mir klargemacht, dass ich bei der Schauspielerei austauschbar bin, sie sagte: Machst du es nicht, macht es ein anderer."

Thomas Ohrner hat nicht nur Timm Thaler gespielt, nicht nur Manni, den Libero; er war auch der kleine Viktor in der Serie "Das Haus der Krokodile", die 1975 im deutschen Fernsehen lief. Es lag nahe, dass er nun gefragt wurde, Viktors Vater zu spielen. Aber er hat zunächst abgesagt.

Doch dann schrieben die Regisseure Cyrill Boss und Philipp Stennert einen sehr schönen Brief an Thomas Ohrner: Dass sie mit dem Haus der Krokodile und Timm Thaler aufgewachsen seien, dass bei ihnen damals der Entschluss gereift sei, später selbst Filme zu machen. Als er den Brief gelesen hatte, sagte Ohrner: "Okay, ich mach's."

Aber das war's erst mal. "Ich bin kein nebenberuflicher Schauspieler", sagt er, "das ist nur ein Hobby. Ich habe einen Löffel Talent dafür mitgekriegt und ein Löffelchen ist vielleicht heute noch da." Aber sich um eine Rolle bemühen: nein. "Ich gehe nicht hausieren, ich mache keine Klinkenputzerei", sagt er. "Aber wenn ich den Vater von Timm Thaler spielen soll oder den Vater von Manni, dem Libero - dann werde ich dem mit viel Spaß nachkommen." Und vielleicht spielt er irgendwann die Großväter von Timm und Manni. Ansonsten sei er gerne Moderator. "Ich bin mit mir sehr im Reinen", sagt er, "ich habe meine Berufsentscheidung nicht einen Tag bereut."

Vergangene Woche war Thomas Ohrner bei Gottschalk live zu Gast. Gottschalk zeigte das Bild eines Jungen, der angeblich der Fernsehstar Thomas Ohrner war. Ohrner guckte hin und sagte: "Das bin nicht ich."

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