Putzbrunn:Auf der Überholspur

Bundestagswahl

Gerold Otten (rechts) und Landeschef Petr Bystron feiern am Sonntag in München den Wahlsieg.

(Foto: Matthias Balk/dpa)

Die AfD will die Parteistrukturen im Landkreis ausbauen

Von Bernhard Lohr, Putzbrunn

Gerold Otten sitzt Montagmittag am Steuer seines Wagens. Der 61-Jährige ist auf dem Weg nach Berlin. 8,4 Prozent der Erststimmen hat er tags zuvor für die AfD im Wahlkreis München-Land geholt, 9,4 Prozent waren es für die AfD an Zweitstimmen - fast doppelt so viel wie vor vier Jahren, als die Partei auch im Landkreis München unter der Fünf-Prozent-Marke blieb. Damit ist für Otten, der auf Platz acht der Landesliste angetreten war, der Einzug in den Bundestag perfekt. Nun geht es Schlag auf Schlag. Die erste Sitzung der 14-köpfigen AfD-Landesgruppe aus Bayern stand bereits am Montagnachmittag an. Nur Nordrhein-Westfalen schickt mehr AfD-Vertreter in den Bundestag. "Das freut uns ausgesprochen", sagt Otten und meint damit vor allem das schlechte Abschneiden der CSU in Bayern.

Gerade der wiedergewählte CSU-Wahlkreisabgeordnete Florian Hahn dürfte solche Sätze mit Schmerzen aufnehmen. Denn in Otten und Hahn treffen in Berlin zwei Verteidigungspolitiker aus Putzbrunn aufeinander. Otten zieht es in den Verteidigungsausschuss, in dem Hahn seit Jahren tätig ist. Den Vorsitz will die AfD nicht reklamieren. Otten kann sich sogar vorstellen, dass die CSU zum Zug kommt: vielleicht sogar sein Neukollege Hahn, der am Wahlabend im Landratsamt wie alle Vertreter der anderen Parteien den Kontakt zu Otten mied. Der versteht das. Es habe eben keiner Lust auf "Bilder von Handshakes" mit ihm, dem Mann von der AfD.

Gerold Otten setzt freilich darauf, dass an ihm bald keiner mehr vorbeikommt. Anders als manch verbaler Scharfmacher in seiner Partei gibt er sich stets konziliant. Doch Otten hat auch keine Berührungsängste mit Hardlinern wie der stellvertretenden Bundesvorsitzenden Beatrix von Storch, die er als "warmherzig und offen" im Umgang beschreibt. Auch von einer Begegnung mit dem FPÖ-Vorsitzenden Heinz-Christian Strache ist ein gemeinsames Foto geblieben, das Ottens Facebook-Seite ziert. Die österreichische FPÖ sei ein Vorbild, sagt der Putzbrunner, weil sie gezeigt habe, wie man eine schlagkräftige Parteistruktur aufbaut.

Eine solche strebt der frisch gebackene Abgeordnete und Kreisvorsitzende ebenfalls an. Aktuell zählt die AfD im Landkreis um die 125 Mitglieder. Die Rechten sehen sich im Münchner Umland im Aufwind und wollen sich mit Blick auf kommende Wahlen mit Ortsverbänden breiter aufstellen. Zu dem gemeinsamen Ortsverband in Haar, Grasbrunn und Putzbrunn könnten sich in Baierbrunn und in Ismaning weitere bilden, die auch umliegende Kommunen abdecken. Zwar hat der Landesverband um den Vorsitzenden Petr Bystron in Unterhaching seine Geschäftsstelle, die mehrfach Ziel von Sachbeschädigungen wurde, darüber hinaus reichende Strukturen und Organisationen fehlen mit Ausnahme des Ortsverbands jedoch.

Otten sieht Luft nach oben für die AfD, wenngleich er das Potenzial an Wählern im Landkreis München nicht mit dem ländlicher Regionen vergleichen will. In wohlhabenden städtischen Gegenden sei die Zustimmung naturgemäß schwächer als auf dem Land und in Regionen mit sozial differenzierter Struktur, sagt er. Flüchtlingsheime würden ja auch nicht in Villenviertel gestellt.

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