"So ist es immer", schmunzelt Michael Bögel, als die Sonne kurz vor 14 Uhr durch die grauen Wolken über dem Max-Joseph-Platz bricht. "Naja, fast immer", fügt er noch lächelnd hinzu. Er gehört zum Münchner Pulse of Europe Team, das als Antwort auf den Brexit und die Wahl Trumps regelmäßig leidenschaftliche Europäer zusammen bringt. Am ersten Sonntag im Monat wehen die blauen Flaggen mit den zwölf Sternen auf dem Max-Joseph-Platz, das soll mindestens bis zur Bundestagswahl so sein. Der Wille, offen ja zu Europa zu sagen, scheint ungebrochen - etwa 1500 Menschen kommt am Sonntag, die meisten davon Stammgäste. Ein halbes Dutzend Leute nimmt das Mikrofon in die Hand, um Gedanken über Europa zu teilen - einer von ihnen ist Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter.
Er betritt die Bühne passend im Europa-blauen Hemd. "Ich bin begeistert, eine Bürgerinitiative erleben zu dürfen, die für etwas ist", sagt er zu Beginn. Er nennt die Erhaltung des Friedens als den größten Reichtum, den die EU auch für die Stadt München geschaffen hätte. Für die Zukunft wünsche er sich, ein noch enger zusammenrückendes Europa. Er hebt zudem die Rolle Helmut Kohls im Prozess der europäischen Einigung hervor. "Ich applaudiere nicht oft einem CDU-Politiker", so Reiter, "aber Helmut Kohl verdient den Applaus, denn ohne ihn gäbe es das geeinte Europa nicht in dieser Form."
Bereits vor Reiters Rede werden Kohl sowie Simone Veil, die ehemalige Präsidentin des europäischen Parlaments, mit Applaus geehrt. Der Oberbürgermeister und Teilnehmer der Versammlung sind sich einig, dass es um Europa nicht mehr so schlimm bestellt sei wie vor einigen Monaten. Die Wahl Emmanuel Macrons und der Tod Kohls hätten eine positivere Art, über Europa zu denken und zu sprechen hervorgebracht. So sieht das auch Alain Genevaux. Der gebürtige Franzose lebt seit 1990 in Deutschland kommt regelmäßig zu Pulse of Europe - mit der Trikolore und der Europa-Flagge an der gleichen Flaggenstange.