Psychologie:Erlebnissuche wird zur Sucht

Für das Bungee-Springen gibt es aus psychologischer Sicht ein ganzes Bündel von Motiven. Menschen mit monotoner Arbeit etwa suchten einen "Ausgleich in der Freizeit, wollen einen Kick erleben, der im Alltag fehlt", betont der Psychologe und Extremsport-Experte Prof. Henning Allmer (Sporthochschule Köln).

Auch die starke Tendenz zu einer "Event-Gesellschaft" bringe Menschen dazu, "Erlebnisse zu suchen, denen dann die Tiefe fehlt", sagte der Psychologe. "So kann die Erlebnissuche relativ schnell zur Erlebnissucht führen", betonte Allmer. Dann müsse das Risiko ständig gesteigert werden, wobei allerdings die Betroffenen keine Hasardeure seien, die mit ihrem Leben spielten. "Ein Restrisiko wird in Kauf genommen, aber man schließt es für sich aus", erläuterte Allmer.

Gerade beim Bungee-Springen oder auch beim Fallschirm-Sport führe das physikalische Erlebnis des "Fliegens" zu einem von vielen geschätzten "Bewegungs-Empfinden", sagte der Psychologe, der seit rund einem Jahrzehnt der Motivation für risikoreichen Extrem-Sport nachforscht.

Wichtiger als das Imponieren mit "sozialer Anerkennung" im Freundes- oder Familienkreis sei für den Extremsportler die Selbstbestätigung. Er signalisiere der Umwelt - etwa mit dem Sprung in schwindelnde Tiefe: "Ich kann mit meiner Angst umgehen!" Hintergrund sei auch dabei ein Berufsleben, das immer komplexer werde und gleichzeitig immer weniger Erfolgserlebnisse biete.

(sueddeutsche.de/dpa)

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