Prozess:Wie sich ein Münchner Juwelier gegen Überfälle wehrt

Raubüberfall auf Juweliergeschäft in München, 2016

Scherben nach der Tat: Beim jüngsten Überfall vor einem Jahr schoss der Juwelier sogar auf die Täter, zwei von ihnen stehen nun vor Gericht.

(Foto: Stephan Rumpf)

Dreimal ist der Juwelier in der Münchner Altstadt schon überfallen worden. Zweimal schlug der Inhaber die schwer bewaffneten Täter in die Flucht. Zwei wurden geschnappt - ihnen begegnet er nun vor Gericht.

Von Susi Wimmer

Marco H. ist nicht unbedingt der ängstliche Typ. Dreimal wurde sein Juwelierladen am Viktualienmarkt überfallen, dabei warf er sich regelrecht vor die Waffen der Täter und widersetzte sich, einmal brachen sie ihm mit einem Hammer sogar zwei Rückenwirbel. "Ich musste meinen Sohn schützen, ich konnte nicht anders", sagt er. Jetzt allerdings ist dem 51-Jährigen mulmig zumute: Kommenden Dienstag sitzt er den beiden Männern gegenüber, die sein Geschäft vor genau einem Jahr überfallen haben sollen. "Dann muss ich sie wieder anschauen", sagt er und seine Stimme bekommt einen kehligen Klang.

Fünf Verhandlungstage sind bislang vor dem Landgericht München I für den spektakulären, bewaffneten Raubüberfall angesetzt. Spektakulär auch deshalb, weil mit Marco H. ein ungewöhnlicher Mann in den Zeugenstand tritt. Kleinere Schmuckdiebstähle, ja, das sei früher schon häufig vorgekommen, erzählt er. Aber dass ein Juwelier drei bewaffnete Rauberüberfälle überstehen muss? Beim ersten Mal, sagt er, seien es drei Täter gewesen. Er habe mit einem gekämpft und gerangelt, als der Räuber einen Koffer voll mit Uhren über den Verkaufstisch hinweg an sich reißen wollte - jedoch vergeblich.

Die Räuber, die am 23. Juni 2014 die Goldstube heimsuchten, waren schwer bewaffnet: Mit einer Pistole, einem Vorschlaghammer und Tränengas bedrohten sie Marco H. und seinen 21-jährigen Sohn Moritz. Der Vater warf sich sofort vor den Sohn, griff nach vorne und entriss dem Räuber die Pistole. Woraufhin sein Komplize mit dem Vorschlaghammer ausholte und Marco H. in den Rücken schlug. Der Ladenbesitzer konnte noch nach der Waffe des Räubers greifen, die auf den Boden gefallen war, das Trio flüchtete. Sohn Moritz packte den Vorschlaghammer, setzte einem Räuber nach, warf, und traf ihn auch. Der zweite Täter entkam.

"Nach diesem Überfall haben wir die Sicherheitsmaßnahmen im Laden verschärft", sagt Marco H. Ein bewaffneter Wachmann an der Türe, der Ladeninhaber legte sich einen Gasrevolver zu. Am 29. Januar 2016 passierte es dennoch wieder, diesmal waren es drei maskierte und bewaffnete Männer, die in das Geschäft an der Westenriederstraße stürmten. Wieder hatten die Täter einen mächtigen Hammer, eine Waffe und Reizgasspray dabei. Draußen vor der Tür parkte das Fluchtauto mit laufendem Motor.

Zum Zeitpunkt des Überfalls waren auch Sohn Moritz im Geschäft, seine Freundin und eine Verkäuferin. Die Räuber bedrohten ihre Opfer mit einer Waffe, Marco H. griff sofort unter seinen Schreibtisch, holte seine Schreckschusswaffe heraus und schoss auf die Räuber. "Die Munition wirkt wie ein Abwehrspray", erzählt er. Und - die Treffer färben sich rot. Folglich dachten die Täter wohl in der Verwirrung, sie seien getroffen worden und bluten. Sie ergriffen die Flucht. Einer von ihnen prallte vor dem Laden in einen Passanten und wurde nach kurzer Verfolgung in der Frauenstraße gestoppt. Den zweiten mutmaßlichen Räuber nahm die Polizei zwei Tage später in einem Hotel in Augsburg fest. Der dritte Mann konnte entkommen, er hat sich wohl abgesetzt.

Von Dienstag an sitzen die beiden Serben, 23 und 35 Jahre alt, auf der Anklagebank. Auf bewaffneten Raubüberfall stehen mindestens fünf Jahre Gefängnis. Gegen den Älteren der beiden wird auch noch wegen eines ähnlichen Raubüberfalls im Dezember 2015 in Hamburg verhandelt. Sein Rechtsanwalt, Harald Baumgärtl aus Rosenheim, wollte zur SZ noch nicht sagen, ob sich sein Mandant in der Verhandlung zu den Vorwürfen äußern wird. Und Marco H. wird am Tag seiner Zeugenaussage wieder kämpfen. Gegen die Geister der Vergangenheit.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: