Prozess wegen Waffenschein:Fall auf Knall

Er ruft seine Freundin an, sagt "Servus!", dann fällt ein Schuss - aus Versehen, sagt der Wachmann. Doch das Gericht in München glaubt ihm nicht. Nun muss er seine Pistole abgeben.

Von Ekkehard Müller-Jentsch

"Servus Sibylle!" - zwei Wörter, dann kracht ein Schuss und irgendetwas Schweres fällt zu Boden. Weil ihn seine Freundin versetzt hatte, hinterließ ein Wachschutzmann der Frau diese dramatische Botschaft auf der Handy-Mailbox. Dass er damit einen Selbstmord vortäuschen wollte, bestritt der Mann am Mittwoch vor dem Verwaltungsgericht München energisch. Er sprach von einem Versehen. Obwohl der Schuss zweifelsfrei "nur" aus einer Schreckschusswaffe kam, kostet der Vorfall den Sportschützen aus dem Kreis Fürstenfeldbruck die Waffenbesitzkarte: Seine scharfe halbautomatische Pistole SIG P220, wie sie etwa die Schweizer Armee und die päpstliche Schweizergarde verwenden, muss er nun abgeben. Daran änderte auch seine Klage gegen den Freistaat nichts.

Er war sauer, weil sie einen Ausflug abgesagt hatte

Der Mann beteuerte, er habe gar nicht gewusst, dass sein Handy noch an gewesen sei, als sich irrtümlich der Schuss gelöst habe. Den Anruf nach Mitternacht habe er aus Verärgerung getätigt, weil die Freundin am nächsten Tag nicht zum geplanten Ausflug kommen wollte. Die nach dem Abhören des Anrufbeantworters schockierte Frau rief sofort die Polizei.

Der Kläger erzählte, dass er seine scharfe Waffe immer vorschriftsgemäß wegschließe, sie sogar stets zerlegt habe, und auch die Munition getrennt aufbewahre. Griffbereit beim Bett habe er lediglich den erlaubnisfreien Gasrevolver. Er wohne ziemlich einsam und wolle notfalls einen Einbrecher abschrecken können.

Von der Vorsitzenden der 7. Kammer musste sich der Mann allerdings belehren lassen, dass allein schon der Umgang mit dem Gasrevolver seine waffenrechtliche Unzuverlässigkeit zeige. Schusswaffen und Munition müssten grundsätzlich getrennt voneinander aufbewahrt werden, machte ihm die Richterin klar: Diese wesentliche Vorschrift aus dem Waffengesetz gelte keineswegs etwa nur für scharfe Gewehre und Pistolen, sondern auch für erlaubnisfreie Gas- und Schreckschusswaffen. "Wenn ein Einbrecher kommt, soll ich dann erst ,Moment mal' rufen, weil ich schnell noch die Munition holen muss?", fragte der Kläger fast ungläubig.

Schon 1996 hatte der Mann sich einmal in den Mund geschossen

Ein Beamter des beklagten Freistaats wies zusätzlich noch auf einen Vorfall aus dem Jahre 1996 hin. Damals hatte sich der Mann mit einem Gasrevolver selbst in den Mund geschossen - ohne heute erkennbare Folgen. Schon ein Jahr danach sei er wieder "ins normale Leben zurückgekommen", versicherte der Mann nun. Sonst hätte er schließlich nicht die Erlaubnis zum Erwerb und Besitz einer scharfen Pistole für den Schützenverein bekommen.

Als Angestellter eines Wachschutzes sei die Waffenbesitzkarte auch ein berufliches "Gütesiegel", sagte er dem Gericht. Denn diese Erlaubnis sei für den Arbeitgeber ein Signal, dass die Sicherheitsbehörden ihn für zuverlässig halten. Das Gericht legte dem Mann trotzdem nahe, seine praktisch aussichtslose Klage zurückzunehmen. In fünf Jahren könne er einen neuen Antrag auf eine Waffenbesitzkarte stellen - eine Aussage, die von dem Beamten des Freistaats allerdings mit einem leichten Kopfschütteln quittiert wurde. Der Mann nahm die Klage zurück.

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