Prozess:Überfall auf Ebersberger Döner-Imbiss - acht Männer vor Gericht

  • Im September 2015 rief der Betreiber eines Imbisses am Ebersberger Bahnhof die Polizei, weil zwei Männer pöbelten und einer gewalttätig wurde.
  • Das wollten ihm die Männer heimzahlen. Gemeinsam mit sechs Bekannten verletzten sie einen Gast und einen Mitarbeiter und demolierten die Einrichtung des Imbisses.
  • Nun hat der Prozess gegen die Männer am Münchner Landgericht begonnen. Die Anklage lautet unter anderem auf "Bildung bewaffneter Gruppen".

Aus dem Gericht von Korbinian Eisenberger

Es war ein Freitagabend im September, als die Männer kamen und den Imbissladen betraten. Es ging ihnen nicht um Döner und Pizza, sie hatten einen Baseballschläger, ein Messer und einen Schlosserhammer dabei. Sie riefen fremdenfeindliche Parolen und schlugen zu, zertrümmerten Teile der Einrichtung und verletzten einen Mitarbeiter und einen Gast. Ein Angriff auf zwei Zuwanderer.

Das alles passierte in wenigen Minuten in Ebersberg, östlich von München, da wo die S-Bahn-Linie 4 endet. Am Tag danach kamen die Menschen am Bahnhof zusammen, aus Solidarität für die Opfer und um ein Zeichen gegen Rassismus zu setzen. Der Überfall schockierte die Menschen, schockiert sie bis heute. Im Gedächtnis bleibt die Tat als eine der schlimmsten fremdenfeindlichen Gewaltakte in der Region.

An diesem Dienstag hat nun der Prozess gegen die acht Männer begonnen, die am 25. September 2015 dabei waren, als der Dönerimbiss in Ebersberg überfallen wurde. Was der Staatsanwalt in seiner Anklageschrift vorliest, ist das Protokoll eines Abends voller Pöbeleien und Gewalt: Die zwei Hauptangeklagten, ein 28-Jähriger und ein 36-Jähriger, waren auf dem Heimweg vom Oktoberfest. In der Bahn sollen die beiden lautstark gegen Ausländer geschimpft haben, einer der beiden soll nur von Mitfahrern davon abgehalten werden können, einen dunkelhäutigen Fahrgast anzugreifen.

Am Ebersberger Bahnhof angekommen soll der Jüngere der beiden einen Mann mit der Faust geschlagen haben, woraufhin der Betreiber des nahen Dönerimbisses die Polizei rief. Auch er war von den beiden Männern beschimpft worden. Die Polizei führte einen Alkoholtest durch und stellte 1,2 und 1,4 Promille fest.

Die Angeklagten gingen danach in eine Wohnung und riefen offenbar telefonisch Verstärkung. Denn kurz danach folgte der Racheakt, diesmal zu acht: Gegen 21.40 Uhr betraten vier Männer den Döner-Imbiss, die anderen warteten vor der Tür. Der 36-jährige Hauptangeklagte soll mit dem Baseballschläger einem Gast auf Kopf und Rücken geschlagen haben, der Mann erlitt eine Gehirnerschütterung, Platzwunde und Prellungen und wurde drei Tage im Krankenhaus behandelt. Ein Imbissmitarbeiter wurde ebenfalls durch Schläge mit dem Baseballschläger verletzt.

Außerdem soll der 28-Jährige versucht haben mit einem Messer auf den Mitarbeiter einzustechen. Der konnte den Angriff zwar abwehren, wurde aber an der Hand verletzt. Während des Angriffs riefen die Angeklagten laut Staatsanwaltschaft weiterhin Beleidigungen und rassistische Parolen. Bevor sie den Laden verließen, soll der Hauptangeklagte noch eine Vitrine und die Scheibe der Eingangstür zerschlagen haben. Die Polizei machte die Angreifer in der Wohnung des Hauptangeklagten ausfindig. Erneut wurde ein Alkoholtest gemacht - mit Ergebnissen zwischen 0,5 und 2,4 Promille.

Den beiden Hauptangeklagten wird Volksverhetzung vorgeworfen

Eine Woche nach dem Vorfall kamen 500 Menschen zu einer Demonstration in Ebersberg zusammen. Wer macht sowas? Das fragten sich damals viele. Im Gerichtssaal 166 gibt es Einblicke in das Leben der Angeklagten. Sechs von ihnen sitzen in einer Reihe auf einer Bank, zwei weitere haben neben ihren Verteidigern mit Blick auf die Richterin Platz genommen. Einer von ihnen wird von Beamten vorgeführt, er sitzt wegen Körperverletzung und Raub eine 18-monatige Haftstrafe ab. Ihnen allen stehen sieben Verhandlungstage bevor. Ihre Köpfe sind gesenkt, T-Shirts, Jeans, Stoppelbärte, Wuschelhaare - keine Männer, von denen man auf der Straße Angst haben würde.

Es handelt sich um Lebensläufe von Zimmermeistern, Industriemechanikern und Spediteuren, einer ist gelernter Koch, der sich zuletzt als Lagerist durchschlug, zwei sind arbeitssuchend gemeldet. Die Männer sind zwischen 24 und 36 Jahre alt, fast alle von ihnen haben Vorstrafen. Bis auf einen berichten alle von Erfahrungen mit Drogen und Alkohol.

Alle acht müssen sich wegen "Bildung bewaffneter Gruppen" verantworten. Vier Angeklagten wird gefährliche Körperverletzung vorgeworfen, den übrigen vier die Beihilfe dazu. Alle sind auch wegen Bedrohung und Sachbeschädigung angeklagt. Den beiden Hauptangeklagten wird unter anderem Volksverhetzung vorgeworfen, was mit bis zu fünf Jahren Gefängnis bestraft werden kann, beide wohnen oder wohnten im Landkreis Ebersberg.

Einer von ihnen ist Maximilian G., er gesteht, kann sich aber an viele Details nicht mehr erinnern, wie er sagt. Der 28-Jährige ist Handwerkermeister, hat einen festen Job. Biertrinker mit 15, Marihuana, seit er 16 ist, beides habe er aber seit einem Jahr unter Kontrolle, sagt er. Er erklärt, dass ihm der Angriff und die Pöbeleien leid täten, dass er sich dafür schäme. Dann gesteht er etwas, was gar nicht in der Anklage steht: Er habe eine dunkelhäutige Person mit einer Vorhangstange verfolgt und am Fuß erwischt, sodass der Mann "einen Berg herunter gekugelt ist". Dann sei er zurück in die Wohnung, Bong rauchen.

Warum das Ganze? "Weil wir dumm und dicht waren", so G. Zu viel Gras und Alkohol, nur so könne er sich das alles erklären. Neben ihm sitzt Markus N., er ist mit G. in einer Clique. N. ist der älteste der acht Männer. Unter seinem Superman-T-Shirt sieht man Tattoos: einen Trollschädel am Arm, den Teufel im Nacken. Der 36-Jährige ist arbeitslos, die Maurerlehre hat er abgebrochen. Fünf oder sechs Bier am Feierabend, "jeden Tag eigentlich", erklärt er der Richterin. Zu seiner zehnjährigen Tochter habe er Kontakt, zum Sohn nicht.

Er soll mit dem Baseballschläger zugeschlagen haben, zum Abend des Geschehens äußert er sich am ersten Prozesstag nicht. Die Verhandlung wird am Mittwoch fortgesetzt.

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