Prozess:Verlobter im Kreissägen-Prozess: "Ganz viel Selbsthass, Schmerz und Traurigkeit"

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Die angeklagte Gabi P. beim Prozessauftakt. Nun musste ihr Verlobter zu den Vorwürfen aussagen. (Foto: dpa)
  • Im Prozess um den grausamen Mord mit einer Kreissäge hat der neue Lebensgefährte der Angeklagten die Situation nach dem Fund der Leiche geschildert.
  • Die Polizei habe er nicht gerufen, weil er nicht alle Fakten gekannt habe.
  • Der Mann sitzt bereits im Gefängnis, weil er nach Überzeugung des Gerichts Monate nach der Tat bei der Beseitigung der Leiche geholfen hatte und deshalb wegen Strafvereitelung verurteilt wurde.

Aus dem Gericht von Susi Wimmer

Bislang steht nur eines zweifelsfrei fest: Dass Gabi P. ihren Freund mit der Kreissäge im Dezember 2008 getötet hat. Darüber hinaus allerdings wird es schwierig mit der Wahrheitsfindung. Das Gericht hat nun im Prozess um den Mord in Haar etliche Zeugen gehört, Verwandte, Freunde, Mitbewohner.

Wurde Gabi P. von ihrem Freund nun tatsächlich geschlagen und gequält - oder hat sie das nur zum Eigenschutz erfunden? Ist das Tagebuch, in dem sie ihr "Martyrium" schildert, tatsächlich echt, oder wurde es bewusst im Nachhinein verfasst, um das Opfer als Täter hinzustellen?

Am Dienstag sagte der Verlobte von Gabi P. aus und erstmals platzte dem Anwalt der Nebenklage der Kragen: "Die Beschimpfung des Opfers ist eine Empörung", wetterte Rechtsanwalt Eckhart Müller. Bislang habe die Angeklagte nichts zur Klärung der Todesumstände beigetragen und stattdessen völlig widersprüchliche Tatmotive angegeben.

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Christian K., der Verlobte, sitzt zur Zeit ebenso wie seine Zukünftige hinter Gittern. Er wurde bereits verurteilt, weil er für Gabi P. die Leiche beseitigt hatte. Im Zeugenstand versucht er immer wieder, einen Blick von seiner Geliebten zu erhaschen. Der Mann mit Glatze, Ziegenbart und grün-braunem Hemd tritt im Zeugenstand mehr als selbstbewusst auf, schwafelt, zitiert Hölderlin. Er versucht, Richter Michael Höhne zu belehren, er antwortet auf Fragen mit Gegenfragen. Etwa wenn Höhne fragt, seit wann Gabi P. und er ein Paar waren, dann kommt: "Ein Paar. Was verstehen Sie unter einem Paar? Alles steht doch miteinander in Beziehung."

Christian K. war es, der Pfingsten 2009 das Haus von Gabi P. hütete und die Leiche im abgesperrten Dachgeschoss fand. "Da könnte man doch die 110 wählen, Herr K., das ist doch der Wahnsinn", hält ihm der Richter vor. "Ich war nicht im Besitz der Ursachenverkettung, warum da ein Mensch liegt", kommt die Antwort.

Er habe niemanden verurteilen wollen, Gabi dann später in den Arm genommen und "ganz viel Selbsthass, Schmerz und Traurigkeit bei ihr gefühlt". Das Paar und ein Freund vergruben die Leiche und K. berichtet, dass es der Gabi anschließend lange schlecht gegangen sei. Zeugen allerdings sagten aus, dass Gabi nach dem Wegbleiben ihres Freundes regelrecht erleichtert gewesen sei.

Veronika S. etwa, Kindergartenfreundin von Gabi P. und "die einzige Freundin, die über die Jahre geblieben ist", wie sie selbst sagt, beschreibt den Ex-Freund als eifersüchtig und besitzergreifend. Von Gewalt aber habe Gabi P. ihr nie etwas erzählt. Ja, an einem "Dreier" sei er schon interessiert gewesen. Von brutalen Sexpraktiken habe ihre gute Freundin ihr auch nie berichtet. Und nach der Tat, kurz vor Weihnachten 2008, habe Gabi ihr am 7. Januar zum Geburtstag gratuliert. "Da habe ich keinerlei Veränderung an ihr bemerkt."

Wenn es um die Tat und die Leichenbeseitigung geht, kommen bei den Verlobten Christian K. und Gabi P. heftige Erinnerungslücken, "die Verdrängung", wie Christian K. sagt. Doch ganz so verwirrt und planlos schien Gabi P. nach der Tat nicht gewesen zu sein: Wie es aussieht, deckte sie die Leiche zu - und sie ließ direkt nach der Tat oder etwas später die Tatwaffe, die Kreissäge ihres Vaters, auf unbestimmte Art verschwinden.

© SZ vom 08.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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