Prozess um Klinik-Chefin:Die Frage nach der Insolvenz

Wollte ihre Entmachtung durch einen Lenkungskreis nicht hinnehmen und drohte mit einer Klage: Am Ende hat Elizabeth Harrison aufgegeben.

Elizabeth Harrison geht gegen ihre fristlose Kündigung vor.

(Foto: Robert Haas)

Elizabeth Harrison, frühere Chefin des Münchner Klinikums, wehrt sich gegen ihre fristlose Kündigung. Die entscheidende Frage ist, ob das Klinikum zur Zeit der Kündigung in Insolvenzgefahr war - dabei gerät die Stadt in Erklärungsnot.

Von Andreas Glas

Die fristlose Kündigung der früheren Klinik-Chefin Elizabeth Harrison bleibt umstritten, doch die Stadt gerät zunehmend in Erklärungsnot. Bei der Verhandlung am Montag versicherte Anwalt Hans-Christoph Schimmelpfennig, der die Stadt vertritt, dass das Münchner Klinikum im Dezember vergangenen Jahres nicht in Insolvenzgefahr gewesen sei - Richter Martin Scholz scheint aber an dieser Darstellung zu zweifeln.

Die Insolvenzfrage ist insofern wichtig, da Harrison ihren Rückzug aus der Geschäftsführung Ende 2013 unter anderem damit begründet, dass sie von der Stadt als Entscheiderin entmachtet worden sei, im Fall einer Insolvenz aber womöglich trotzdem mit ihrem Privatvermögen hätte haften müssen. Die Stadt hatte Harrison daraufhin fristlos gekündigt, die 55-Jährige wehrt sich dagegen und verlangt, dass ihr Dienstverhältnis erst mit Wirkung zum 30. Juni 2014 aufgelöst wird, also nach Ablauf einer ordentlichen Kündigungsfrist und nicht schon Ende 2013.

Keine drohende Zahlungsunfähigkeit Ende 2013

Die Frage, wie groß die Haftungsgefahr für Harrison tatsächlich war, ist für Richter Scholz ein wichtiges Kriterium. Allerdings stellen sich die Dinge widersprüchlich dar. Einerseits verwies Schimmelpfennig darauf, dass das Klinikum Ende 2013 rund 75 Millionen Euro an flüssigen Mitteln hatte, weshalb "auch nur der Gedanke an eine drohende Zahlungsunfähigkeit" abwegig sei. Andererseits hatte Stadtkämmerer Ernst Wolowicz am 20. Dezember 2013 öffentlich davor gewarnt, dass "wenn sich nichts ändern würde", das Klinikum Ende 2014 insolvent sei.

Es seien "gewisse Indizien da", sagte Richter Scholz, die für eine drohende Zahlungsunfähigkeit sprächen - jedenfalls zum Zeitpunkt, als Harrison ihr Amt niederlegte. Kurz zuvor hatte der frühere Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) die drei damaligen Geschäftsführer faktisch entmachtet, indem er ihnen einen von ihm selbst geleiteten Lenkungskreis vor die Nase setzte.

Im Prozess geht es um 150 000 Euro Gehaltsforderungen plus 6000 Euro Schmerzensgeld, das Harrison fordert, weil Ude ihren Rausschmiss öffentlich gemacht hatte, bevor die Kündigung in ihrem Briefkasten landete. Statt ein Urteil zu sprechen, regte Richter Scholz einen Kompromiss an: Die Stadt und die frühere Klinikchefin sollten sich um eine einvernehmliche Lösung bemühen. Andernfalls will der Richter im Dezember ein Urteil fällen.

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