Prozess um Doppelmord von Krailling:Unverschämt und unangenehm

Aus Habgier soll Thomas S. seine beiden Nichten getötet haben. Vor Gericht berichten Zeugen von den Geldproblemen des Postboten - und wie unverschämt er gegenüber Helfern aufgetreten sei. Der Angeklagte schweigt, doch ein Mithäftling will mit ihm über die Tat gesprochen haben.

Annette Ramelsberger

Immer wieder haben Nachbarn, die Gemeinde Peißenberg und die Freiwillige Feuerwehr versucht, der Familie von Thomas S. und seinen vier Kindern zu helfen. Doch schon nach kurzer Zeit zogen sich alle Helfer zurück - zu unverschämt sei die Familie aufgetreten, zu hoch seien ihre Forderungen gewesen, erzählten Zeugen in dem Prozess gegen Thomas S.. Dem 51 Jahre alten Postboten und Familienvater wird vorgeworfen, vor einem Jahr die zwei Töchter seiner Schwägerin in Krailling ermordet zu haben, um an das Erbe der Familie zu kommen.

Prozess um Doppelmord von Krailling fortgesetzt

Vielleicht müsse er halt doch ein Geständnis ablegen: Der Angeklagte Thomas S. schweigt bislang vor dem Münchner Landgericht, ein Mithäftling will mit ihm über die Tat gesprochen haben.

(Foto: dapd)

Bereits die Familie seiner Frau Ursula und seiner Schwägerin Anette, deren Töchter getötet wurden, hatte ein düsteres Bild des Angeklagten gezeichnet: Er sei arrogant und faul gewesen. Am Montag berichtete ein Zeuge, der zu seinem 30. Geburtstag 10.000 Euro gesammelt hatte und damit eine notleidende Familie unterstützen wollte, wie ihn die Familie S. allmählich immer unangenehmer berührte.

Der Internet-Unternehmer war über die Marianne-Strauß-Stiftung auf die Familie aufmerksam geworden. Zunächst habe Thomas S. sich als sehr arm dargestellt, habe gesagt, der Bauunternehmer, der sein Haus in Peißenberg im Rohbau fertig gestellt habe, sei mit 30.000 Euro davon gelaufen. Dann aber habe sich herausgestellt, dass der Bauunternehmer seine Leistung sogar sehr günstig erbracht habe. Und dass die Familie sich überdimensionierten Luxus in das Haus bauen wollte: elektrogetriebene Garagentore, eine Galerie für die Kinderzimmer, Fußbodenheizung und eine "Wahnsinnsküche".

"Mir war das megapeinlich", sagte der Zeuge, der eigens eine Bauunternehmerin mitgebracht hatte und Handwerker, die das Haus für die Familie S. umsonst zu Ende bauen wollten. Die Bauunternehmerin Karin Löffler erklärte, Thomas S. habe im Beisein seiner an Krebs erkrankten Frau erklärt, wie er das Haus finanzieren wolle. "Wenn seine Frau stirbt, kriegt er ja die Rente, hat er gesagt - und sie saß daneben." Da sei sie doch geschockt gewesen.

Ein Mithäftling des Angeklagten erklärte, er habe mehrmals mit Thomas S. in der Haft gesprochen. Dabei habe ihm 51-Jährige erzählt, er sei ohne Waffe zur Wohnung seiner Schwägerin gefahren, und deswegen könne er maximal wegen Totschlags verurteilt werden. Vielleicht müsse er halt doch ein Geständnis ablegen.

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