Prozess:Türsteher bricht Gast den Kiefer

  • Evgenij K. hat Mohammed L. den Kiefer gebrochen, als dieser mit weiteren Männern vor einer Spielhalle wartete, in der K. arbeitete.
  • Er hatte L. zuvor rausgeworfen, weil er auf einen Spielautomaten eingeschlagen hatte.
  • Der Richter verurteilte K. zu einer Geldstrafe von 4800 Euro, weil er keinen Grund für Notwehr sah.

Von Andreas Salch

Der Angeklagte hat eine Statur wie ein Baumstamm. Kein Wunder, er ist Box-Trainer. Evgenij K., 36, "Links-Ausleger", war sogar Profi-Boxer in seiner früheren Heimat Kasachstan. An diesem Donnerstag saß er auf einer Anklagebank am Amtsgericht München. Auf der anderen Seite des Sitzungssaals hat Mohammed L. Platz genommen, der in dem Prozess als Nebenkläger auftrat. "Der regt mich bis heute auf, der Mann", raunt Evgenij K. Ende Juli 2014 soll er Mohammed L. vor einer Spielhalle an der Schwanthalerstraße mit einem Schlag, einer sogenannten "linken Peitsche mit offener Handfläche", niedergestreckt haben.

Mohammed L. erlitt einen doppelten Bruch des Unterkiefers. Er ging sofort zu Boden. Evgenij K. beteuert: "Ich habe nicht sehr hart zugeschlagen." Bei einer OP mussten Mohammed L. drei Titanplatten in den Unterkiefer implantiert werden. Er sei zwei Monate krankgeschrieben gewesen, so der 35-Jährige.

Das Opfer leidet noch heute unter den Folgen

In dieser Zeit habe er sein Essen nur mit einem Strohhalm zu sich nehmen können. Bis heute leide er an den Folgen der Tat. Auf einem Auge könne er nicht mehr richtig sehen. Evgenij K. gibt an, er habe eine Schlagkraft von etwas über 500 Kilo. Als eine Streife der Polizei an den Tatort kam, sagte er zu einer Beamtin: "Ich hätte Herrn L. mit einem Schlag töten können, wenn ich nur gewollt hätte."

Evgenij K. hat schon bessere Zeiten gesehen. Er studierte an der Universität von St. Petersburg und boxte in der Mannschaft der Uni. In München kann er von seinem Job als Box-Trainer nicht leben. Deshalb arbeitete er auch als Aufsicht in der Spielhalle in der Schwanthalerstraße.

Wie es zu dem Schlag kam

Mohammed L. gehörte dort zu den Stammgästen. Am 22. Juli 2014 hatte er eine Pechsträhne. Seine Wut darüber soll er an einem der Automaten ausgelassen haben - er schlug dagegen. "Sie dürfen diesen Automaten nicht schlagen", habe K. zu ihm gesagt, so Mohammed L., dann habe er ihn rausgeworfen.

"Ich weiß, wann du Schluss hast", soll L. in diesem Moment zum Angeklagten gesagt haben. Als Evgnij K.s Schicht zu Ende war und er vor die Tür ging, standen vier Männer sowie Mohammed L. vor ihm. L. habe mit den Armen gefuchtelt und Schlagbewegungen angedeutet. "Ich reagierte schnell", erklärt Evgenij K.

Er habe mit dem linken Arm eine Bewegung gemacht und seinen Kontrahenten mit dem Handballen am Kinn getroffen. Mohammed L., gerade mal 60 Kilo leicht, ging zu Boden. Die anderen vier Männer, so K., habe er gefragt, "ob sie noch irgendwelche Fragen haben". Sie hatten keine. Eine Polizistin, die mit als erste am Tatort war, erinnerte sich: "Der Geschädigte lag blutend auf dem Boden und hat vor sich hingewimmert."

Für Evgenij K.s Verteidiger, Rechtsanwalt Christian Steinberger, war der Fall klar. Sein Mandant habe in Notwehr gehandelt. Er habe geglaubt, die fünf Männer würden ihn attackieren. Der Angeklagte sei deshalb freizusprechen. Doch Richter Kai Dingerdissen verurteilte Evgenij K. am Ende wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe in Höhe von 4800 Euro. Das "bloße Gestikulieren mit den Händen und angedeutete Schlagbewegungen begründen keine Notwehrlage", so der Vorsitzende.

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