Prozess:Todesfahrt in der Silvesternacht: 22-Jähriger muss ins Gefängnis

  • Ein 22-Jähriger ist vom Münchner Amtsgericht wegen fahrlässiger Tötung zu einer Haftstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt worden.
  • Der junge Mann hatte in der Nacht auf den 1. Januar 2016 eine 17-jährige Gymnasiastin tödlich verletzt, indem er sein Auto betrunken gegen einen Ampelmasten fuhr.
  • Der Mast knickte um und traf die junge Frau am Kopf.

Von Christian Rost

Das neue Jahr hatte gerade erst begonnen, als eine junge Frau in Unterföhring starb. Die 17-jährige Gymnasiastin kam zu Fuß von einer Silvesterfeier und wartete am Morgen des 1. Januar 2016 mit einer Freundin an einer Kreuzung vor einer Ampel. Ein betrunkener Autofahrer gab in diesem Moment Vollgas.

Sein BMW brach aus, rammte mit dem Heck die Ampel, der Mast knickte ein und traf die Schülerin am Kopf. Noch an der Unfallstelle erlag sie ihren schweren Verletzungen. Am Dienstag musste sich der 22-jährige Autofahrer am Münchner Amtsgericht verantworten. Das Schöffengericht verurteilte den Fachoberschüler wegen fahrlässiger Tötung zu einer Haftstrafe.

Dolmetscher der Mutter weinte vor Gericht

Der tragische Tod der jungen Frau hatte ihre Familie und Freunde fassungslos zurückgelassen. An der Kreuzung Münchner Straße/Alte Münchner Straße in Unterföhring brennen noch heute Kerzen, Trauernde haben für die Verstorbene eine kleine Gedenkstätte eingerichtet. Groß war nun das Interesse am Prozess gegen Martin T. (Name geändert) im Strafjustizzentrum.

Der Saal 232 war voll besetzt, einige Zuhörer verfolgten stehend die Verhandlung. Als Nebenkläger nahmen die Eltern des Opfers teil. Als die 57-jährige Mutter, eine Vietnamesin, in den Zeugenstand gerufen wurde und aussagte, kamen auch dem Dolmetscher die Tränen. Die Mutter sagte: "Wir fühlen täglich den Schmerz und denken an unsere Tochter." Sie hatte schon Pläne für die Zeit nach dem Abitur geschmiedet. Sie wollte in die USA.

Auf der Anklagebank saß sichtlich angegriffen Martin T. Er hatte den Eltern mithilfe eines Pfarrers einen Brief geschrieben: "Sie haben verloren, was sie geliebt haben - durch meine Dummheit."

Mit 1,6 Promille von Unterföhring nach Kelheim

Die Silvesternacht hatte er auf der Party eines Freundes in Unterföhring verbracht. In der Wohnung des Freundes sollte er auch übernachten. Sogar seinen Autoschlüssel hatte er eigens abgegeben. Doch morgens gegen 5 Uhr setzte er sich trotz eines Blutalkoholwerts von 1,6 Promille in seinen 3er BMW, um heim zu seiner Mutter nach Kelheim zu fahren.

Auslöser dafür war möglicherweise ein Streit auf der Party, in den T. involviert war. Nach wenigen hundert Metern stoppte er an der Ampel und ließ den Motor aufheulen. Selbst weiß er angeblich nichts mehr davon, von Mitternacht an sei seine Erinnerung weg, sagte er. Während er laut Zeugenaussagen mit dem Gaspedal spielte, warteten die beiden Schülerinnen darauf, die Kreuzung überqueren zu können.

Doch als für den Autofahrer laut Anklage die Ampel auf Grün umschaltete, startete er durch, verlor dabei die Kontrolle über seinen Wagen und prallte schließlich gegen den Mast. Für die von dem abknickenden Gestänge getroffene 17-Jährige kam jede ärztliche Hilfe zu spät. Sie hatte durch den Schlag auf den Kopf ein offenes Schädel-Hirn-Trauma erlitten. Martin T. erklärt sich sein damaliges Verhalten heute so: "Ich wollte wahrscheinlich umdrehen, weil ich in die falsche Richtung gefahren war." Selbst wurde er bei dem Unfall nicht verletzt.

"Nächte, in denen ich nicht schlafen kann"

Die Polizei nahm T. mit zum Bluttest und stellte seinen Führerschein sicher. Danach ließ er sich in die Psychiatrie einweisen. Zwei Tage blieb er im Isar-Amper-Klinikum, weil er "nicht mehr aus und ein gewusst" habe, wie er sagte. Seine Eltern holten ihn dort ab. Seit dem Unfall gehe es ihm "nicht gut", so T. "Ich habe oft Nächte, in denen ich nicht schlafen kann."

Das Schöffengericht verurteilte ihn wegen fahrlässiger Tötung zu einem Jahr und neun Monaten Gefängnis. Es sei "grob fahrlässig" gewesen, betrunken Auto zu fahren. Von einem Fehler, der nicht mehr gut zu machen sei, sprach die Vorsitzende Richterin. Die Staatsanwaltschaft hatte eine dreijährige Haftstrafe gefordert, die Verteidigung Bewährung. T.s Führerschein wurde eingezogen, vier Jahre darf er keinen neuen beantragen.

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