Prozess:Teure Mietautos nach Neapel

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Zwei Italiener sollen Pkw im Wert von 750 000 Euro gestohlen haben

Von Susi Wimmer

Zur Aufführung kommt in Saal B 275 des Landgerichts München eine Commedia dell'Arte, was man in diesem Fall getrost mit Schmierenkomödie ins Deutsche übersetzen könnte. Als Akteure zwei italienische junge Männer, hip gekleidet, die ständig zu ihren Angehörigen im Zuschauerraum grinsen und zwinkern, und die mit ihren Antworten dem ansonsten bedächtig wirkenden Frank Zimmer ein giftiges "für wie dumm halten Sie einen deutschen Richter eigentlich" entlocken. Angeklagt ist das Duo, weil es in den Jahren 2014 und 2015 mit gefälschten Pässen und Kreditkarten 16 Autos im Wert von rund 750 000 Euro bei deutschen Verleihern angemietet und auf Nimmerwiedersehen nach Neapel transportiert hatte. Dort werden die Autos meist frisiert und weiter nach Asien oder Afrika verschifft. In dieser Region soll das eine Art Volkssport sein, sogar von Camorra ist kurz vor Gericht die Rede. Doch die Angeklagten versichern lächelnd, dass sie nur zu zweit waren.

Für Oberstaatsanwalt Kai Gräber sind Marco G., 29 Jahre alt, und Giuseppe A., 28, zwei weitere Namen aus der italienischen Autoschieber-Branche. Bereits im vergangenen Jahr liefen ähnliche Verfahren, und auch ein ermittelnder Beamter erzählt im Zeugenstand von einer Serie in Deutschland, die im März 2015 in der Festnahme von zwei Betrügern am Münchner Hauptbahnhof gipfelte. Man flog nach Rom, traf sich mit italienischen Kollegen, tauschte Hintergrundinformationen aus über einen mutmaßlichen Camorra-Clan in der neapolitanischen Gegend. Marco G. und Giuseppe A. waren beim Ausfahren aus den Autovermietungen von Videokameras und bei Tempoüberschreitungen mit den ergaunerten Autos von Blitzern erfasst worden. Anhand der Fotos konnten die Italiener ihre altbekannten Kunden identifizieren. Beide wurden in Italien festgenommen und nach Deutschland überstellt.

"Wir hatten keine Arbeit und kleine Kinder", versichern sie nun dem Richter. Bei einem Bier sei man auf die Idee gekommen, schnelles Geld zu machen. Die gefälschten Papiere habe man am Bahnhof in Neapel jeweils vor dem Coup "im Paket" für 250 Euro von einem Marokkaner namens Ali gekauft. Dann sei man zu zweit losgeflogen nach München, Frankfurt oder Köln. Zuweilen mieteten sie binnen zwei Tagen drei hochwertige Autos. Ja, an der Stelle fällt den Männern ein, dass da doch ein dritter beteiligt gewesen sei, ein Fahrer, der aber nicht in die Planungen eingebunden war, keine Ahnung hatte und kein Geld bekommen habe. "Über das Märchen kann man nur lachen", kommentiert Richter Zimmer. Oberstaatsanwalt Gräber geht sogar davon aus, dass Guiseppe A. als Sohn eines bekannten Drahtziehers in der Hierarchie aufsteigen wollte und sich durch die Taten erste Sporen verdienen sollte. Die nächsten fünf Jahre werden beide laut Urteil hinter Gittern verbringen.

© SZ vom 07.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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