Prozess:Stalker verfolgt Veronica Ferres

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Ein psychisch kranker, HIV-infizierter Rentner stellte der Schauspielerin monatelang nach, hielt sie für seine Tochter und wollte sie umbringen, so die Anklage. Ferres Ehemann erschien nicht zum Prozess.

Alexander Krug

Am Anfang waren es nur Fotos von Veronica Ferres, die Wilhelm N. aus Magazinen ausschnitt und sammelte. Doch nach und nach fing der Rentner an, sein Opfer auszuspähen, zu beobachten und regelrecht zu verfolgen. Als der Stalker schließlich den Ehemann von Ferres attackierte, griff die Polizei zu.

Veronica Ferres wurde belästigt. (Foto: Foto: ddp)

Wilhelm N. wurde festgenommen und kam in ein Bezirkskrankenhaus. Denn es stellte sich heraus, dass der 62-Jährige ein schwerkranker Mann ist. Über sein weiteres Schicksal muss seit gestern das Münchner Landgericht in einem sogenannten Unterbringungsverfahren entscheiden.

"Du bist meine Tochter"

Monatelang hatte Wilhelm N. im vergangenen Jahr Veronica Ferres und deren fünfjähriger Tochter nachgestellt. Zu einem ersten schweren Zwischenfall kam es am 21. Oktober: Wilhelm N. lief der Schauspielerin in Schwabing mehr als eine halbe Stunde hinterher und stellte sie schließlich am Elisabethmarkt.

Auch als ein Pärchen der völlig verängstigten Aktrice zur Hilfe kam, ließ er sich davon nicht beirren. Er packte Ferres am Arm, zerrte daran und schrie: "Du musst jetzt mit mir kommen. Du bist meine Tochter."

Nur fünf Tage später stellte er frühmorgens der Tochter von Ferres nach, ein Bodyguard drängte ihn schließlich ab. Noch am selben Abend erschien Wilhelm N. vor der Wohnung der Schauspielerin. Als Ehemann Martin Krug ihn zur Rede stellte und ihn mit einem Handy zu fotografieren versuchte, soll Wilhelm N. ihn auf den Arm geschlagen und gedroht haben: "Ich bring Euch alle um." In einer Stofftasche soll er einen Hammer mit sich geführt haben.

Schuldunfähig

Wilhelm N. bestreitet die Vorwürfe grundsätzlich nicht. "Ja, das stimmt schon, das tut mir leid", sagt er ein ums andere Mal. Doch zwei Dinge streitet er entschieden ab: Er habe weder gedroht, alle "umzubringen", noch habe er einen Hammer dabei gehabt: "Das stimmt einfach nicht."

In dem Prozess geht es allein um die Frage, ob Wilhelm N. dauerhaft in der psychiatrischen Klinik bleiben muss, in die er im November vergangenen Jahres eingewiesen wurde. Strafrechtlich kann der Rentner nicht zur Verantwortung gezogen werden, weil er als schuldunfähig gilt. Wilhelm N. hat sich mit HIV infiziert.

Die Krankheit ist zwar noch nicht ausgebrochen, doch sie hat der Antragsschrift zufolge eine Schizophrenie ausgelöst. Die Staatsanwaltschaft hält ihn für "unberechenbar". Aus ihrer Sicht ist er hochgefährlich und muss deshalb dauerhaft untergebracht werden.

Dass Wilhelm N. die Schauspielerin als seine "Tochter" ansah, scheint ein wesentlicher Teil seiner Wahnvorstellungen gewesen zu sein. Bei einer Vernehmung hatte er einmal angegeben, mehrere "uneheliche Töchter" zu haben, die alle Veronica heißen. "Ich weiß, dass es die nicht gibt", sagt er heute.

"Es hat nie jemanden interessiert"

Überhaupt scheint die Behandlung in der Nervenklinik erste Erfolge zu zeigen, denn Wilhelm N. wirkt ruhig und konzentriert. Womöglich wäre die ganze Entwicklung anders verlaufen, wäre er rechtzeitig dorthin gekommen. Seiner gestern als Zeugin geladenen Ehefrau zufolge war Wilhelm N. schon seit Jahren auffällig.

Er habe sich stark geschminkt, Frauenkleider getragen und nächtelang lautstarke Selbstgespräche mit Ferres geführt. Im Krankenhaus habe man zwar seine HIV-Infektion behandelt. Doch seine psychischen Auffälligkeiten seien kein Thema gewesen. "Ich habe das angesprochen, doch es hat nie jemanden interessiert", sagt die 65-Jährige. Sie sei jahrelang völlig alleingelassen worden mit ihrem kranken Mann, inzwischen sei sie "am Ende".

Weil der als Zeuge geladene Ehemann von Ferres gestern nicht erschien - er hatte sich mit "beruflichen Terminen" entschuldigt - vertagte das Gericht den Prozess auf den 4. Dezember.

© SZ vom 16.11.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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