Prozess:Staatsanwaltschaft: 55-Jähriger soll in geschlossene Anstalt

  • Dubravko T. blockierte immer wieder Bahngleise und ging in einem Zug auf Menschen los.
  • Der 55-Jährige ist vermutlich psychisch krank und soll in einer geschlossenen psychiatrischen Klinik untergebracht werden.
  • Der Prozess dauert an.

Von Andreas Salch

Das Herz und der Puls von Dubravko T. hätten rasen und sein ganzer Körper zittern müssen. Doch da sei "diese grundsätzliche Ruhe", gewesen, die der 55-Jährige ausgestrahlt habe, erinnert sich ein Bundespolizist. Er und seine Kollegin hatten T. am frühen Nachmittag des 3. September vergangenen Jahres festgenommen.

Kurz zuvor wäre T. fast von der S 4 zwischen Vaterstetten und Haar auf offener Strecke überrollt worden. Er war auf den Gleisen gelaufen. An den Vorfall habe er keinerlei Erinnerung mehr, sagt Dubravko T. an diesem Dienstag vor dem Landgericht München I. Der aus Kroatien stammende Rentner ist vermutlich psychisch krank und soll auf Antrag der Staatsanwaltschaft in einer geschlossenen psychiatrischen Klinik untergebracht werden.

Der Zugführer der S 4 hatte T. gerade noch rechtzeitig erkannt. Bei einer Geschwindigkeit von 120 Kilometern in der Stunde ließ er den "Dauerachtungspfiff" der S-Bahn ertönen. Doch T., der vor ihm auf den Gleisen lief, reagierte nicht. Der Zugführer legte eine Schnellbremsung hin. Im letzten Moment machte Dubravko T. einen Satz nach rechts und flog in die Böschung. Er blieb unverletzt. Schließlich stand er auf, ging an der stehenden S-Bahn vorbei.

Eine Zugbegleiterin ging dazwischen

Als er am Führerstand des Zuges vorbei kam, schrie ihn der Zugführer an: "Hast du noch alle Tassen im Schrank?" Dubravko T. reagierte nicht. Er lief zurück auf die Gleise und ging bis zur Haltestelle in Haar, wo er sich in eine andere S-Bahn setzte. Zwei Bundespolizisten nahmen ihn dort fest und brachten ihn zurück in das Isar-Amper-Klinikum.

Dort war der 55-Jährige am Morgen jenes 3. September geflohen. Dubravko T. war in die Klinik eingewiesen worden, weil er sich auf Gleise am Münchner Hauptbahnhof gestellt oder gesetzt hatte. Nach dem Vorfall auf der S-Bahnstrecke gelang es ihm jedoch erneut, aus der Klinik zu fliehen. Daraufhin kam es zu drei weiteren Zwischenfällen, bei denen der 55-Jährige gewalttätig wurde. Einmal schlug er ohne erkennbaren Grund am Hauptbahnhof auf zwei Männer ein.

Ein andermal war ein Hausmeister sein Opfer. Der 55-Jährige saß am Vormittag des 6. Oktober 2015 in einer Regionalbahn. Der Zug fuhr von Starnberg nach Pasing. Als er Dubravko T. im Zug bemerkt habe, so der Hausmeister bei seiner Vernehmung vor Gericht, sei ihm dessen "ganz komischer Blick" aufgefallen.

Dubravko T. schlug mit einer Flasche zu

Er habe sich gleich gedacht, so der Zeuge, dass der Mann "irgendetwas vorhat". T. soll getaumelt sein und etwas vor sich hingemurmelt haben. Dann belästigte er eine ältere Frau. Er griff ständig nach deren Handtasche. Eine Zugbegleiterin ging schließlich dazwischen. Sie forderte T. auf, ihr zu folgen. Er sollte sich woanders hinsetzen.

Als der 55-Jährige auf die Zugbegleiterin zuging, schlug Dubravko T. mit einer Bierflasche auf den Hausmeister, der auf seinem Platz saß, ein. Der Mann erlitt eine stark blutende Platzwunde am Kopf. Dennoch hatte er Glück, die Glasflasche zersprang nicht. Der Stiefsohn des Hausmeisters reagierte sofort. Er stürzte auf Dubravko T. zu und brachte ihn zu Boden.

Dieser sei "total apathisch da gelegen", sagte die Zugbegleiterin bei ihrer Vernehmung. Ein Mitarbeiter des Technischen Hilfswerks aus Weilheim, der ebenfalls im Zug war, soll nun für Zivilcourage ausgezeichnet werden. Er hat jedoch lediglich die Wunde des Hausmeisters versorgt. Der Prozess dauert an.

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