Prozess:Motiv der Hebamme bleibt weiter rätselhaft

Prozeß gegen Hebamme wegen neunfachen Mordversuchs

Regina K. steht wegen Mordversuchs vor Gericht.

(Foto: dpa)
  • Regina K. wird vorgeworfen als Hebamme hochschwangere Frauen in Lebensgefahr gebracht zu haben.
  • Seit Juli 2014 sitzt die 34-Jährige in Untersuchungshaft. Dort sei sie bespuckt und beschimpft worden.
  • Einer Psychiaterin sagte sie, dass sie ein pflichtbewusster Mensch sei und ihr "Schicksal nehme, wie es kommt".

Von Andreas Salch

Zum Prozessauftakt vor etwas mehr als zwei Wochen hatte Regina K., von Beruf Hebamme, keine Angaben gemacht. Sie soll versucht haben, sieben hochschwangere Frauen zu ermorden, im Klinikum Großhadern, wo sie zuletzt arbeitete, und in einem Krankenhaus im hessischen Bad Soden. Ihren Opfern soll Regina K. heimlich Medikamente verabreicht haben, die dazu führten, dass sie in Lebensgefahr gerieten. Am zweiten Tag des Prozesses vor der Schwurgerichtskammer am Landgericht München I an diesem Freitag erschien die Angeklagte ganz in Schwarz und lächelte verhalten.

Seit ihrer Festnahme im Juli 2014 sitzt Regina K. in Untersuchungshaft. Einer Psychiaterin des Bezirkskrankenhauses Straubing berichtete sie, von Mithäftlingen werde sie aufgrund der gegen sie erhobenen Vorwürfe bespuckt. Mitunter fielen "harte Worte". Doch sie habe sich einen "Panzer zugelegt". Gegenüber der Sachverständigen hatte Regina K. bei drei Gesprächen Angaben zu ihrem Leben gemacht. Diese trug die Psychiaterin nun dem Gericht vor.

Regina K. hatte von Geburt an ein Hüftproblem mit einer leichten Geh-Einschränkung, eine Folge ihrer Frühgeburt. Ihre Mutter brachte sie in der 29. Schwangerschaftswoche zur Welt. Aufgrund der Behinderung sei sie in der Schule bisweilen gehänselt worden, so die Angeklagte. Die Kindheit der heute 34-Jährigen soll unauffällig verlaufen sein. Nach dem Abitur machte K. eine Ausbildung zur Rettungshelferin. Hebamme sei immer ihr "Wunschberuf" gewesen, sie habe etwas mit Kindern machen wollen. Bald nach dem Ende ihrer Ausbildung zur Hebamme in Kiel seien ihr Risikoschwangerschaften zur Betreuung übergeben worden. In Kiel soll K. auch die bisher einzige längere Beziehung zu einem Mann gehabt haben. 2007 ging sie zurück nach Hessen, zog wieder bei ihren Eltern ein und arbeitete fortan als Hebamme in in Bad Soden.

Zur Anklage der Staatsanwaltschaft sagte die 34-Jährige der Forensikerin nur so viel: Der Vorwurf, sie habe Menschen töten wollen, sei für sie ein "Worst-Case-Szenario". Sie sei ein pflichtbewusster Mensch, aber auch eine "Kämpfernatur". Dies sei ihr vor allem in der Zeit zugute gekommen, als sie an der Bandscheibe operiert wurde und lange krank gewesen sei. Da sie gläubig sei, so die Angeklagte, nehme sie ihr "Schicksal an, wie es kommt".

Das Gericht bestellt einen neuen Sachverständigen der Rechtsmedizin für den Prozess

Ein Befangenheitsgesuch der Verteidigung gegen den rechtsmedizinischen Sachverständigen wies die Kammer unter Vorsitz von Richter Michael Höhne zurück. Die Anwälte von Regina K. rechnen damit, dass auf die Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) aufgrund der Vorfälle hohe Schadensersatzforderungen zukommen. Deshalb argwöhnten sie, der Sachverständige könnte im Prozess die Interessen der LMU wahrnehmen. Das Münchner Institut für Rechtsmedizin gehört wie das Klinikum Großhadern zur LMU. Obwohl das Gericht den Antrag der Verteidiger zurückwies, entband es den bisherigen Sachverständigen, allerdings nur aufgrund des "Näheverhältnisses" beider Einrichtungen, wie der Richter betonte. Als neuen Sachverständigen hat die Kammer den Leiter des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Köln, Markus Rothschild, bestellt. Er war Gutachter im Kachelmann-Prozess und Fachberater für die ZDF-Krimiserie "Der letzte Zeuge".

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