Prozess:Mindestens 20 Sekunden lang gewürgt

Staatsanwältin beantragt lange Haftstrafe wegen versuchten Mordes an Elfjähriger

Von Susi Wimmer

Die Staatsanwaltschaft will den Mann, der im August 2016 in Pasing ein elfjähriges Mädchen bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt hat, wegen versuchten Mordes und in einem weiteren Fall wegen versuchten Totschlags für 12 Jahre und acht Monate hinter Gittern sehen. Für das Mädchen habe akute Lebensgefahr bestanden, und die Tat sei "sexuell motiviert" gewesen, glaubt die Staatsanwältin. Der Verteidiger von Damian C. plädierte auf zweifache gefährliche Körperverletzung und eine Haftstrafe von fünf Jahren. Am 5. Dezember wird die erste Strafkammer am Landgericht München ihr Urteil verkünden.

Noch in ihrer Anklageschrift war die Staatsanwaltschaft davon ausgegangen, dass der Obdachlose die Schülerin in ein Waldstück nahe der Paosostraße gelockt hatte, um seine Aggressionen und den Frust über sein verpfuschtes Leben an ihr abzureagieren. Die Hauptverhandlung habe aber etwas anderes ergeben, sagt die Staatsanwältin. So habe der Rechtsmediziner zwar keine deutlichen Anzeichen für eine sexuelle Misshandlung gefunden, konnte diese aber gleichzeitig auch nicht ausschließen. Die Elfjährige, die mit ihrem kleinen Hund die gewohnte Abendrunde drehen wollte, war nach der massiven Würgeattacke selbst wieder erwacht und konnte noch nach Hause laufen. Ihre Hose blieb in der Grünanlage zurück, "und eine Hose rutscht nicht einfach so vom Körper", so die Staatsanwältin. Der 27-Jährige hatte immer bestritten, ein sexuelles Interesse an Kindern zu haben. Von der Statur her habe die Elfjährige aber auch nicht wie ein Kind gewirkt.

Mindestens 20 Sekunden lang muss Damian C. das Mädchen gewürgt haben, die Staatsanwaltschaft sagt "heimtückisch", das Opfer sei arg- und wehrlos gewesen. Dies ist ein Mordmerkmal, ebenso wie niedrige Beweggründe, die zusätzlich von der Staatsanwaltschaft angenommen werden. "Die Tat ist an Verwerflichkeit kaum zu überbieten", hieß es im Plädoyer, "der Täter hat dem Mädchen seine Würde, seine Unbeschwertheit und sein Selbstbewusstsein genommen".

Zudem steht Damian C. auch vor Gericht, weil er ebenfalls im August 2016 einen anderen Obdachlosen an der Paul-Heyse-Unterführung mit einem herumstehenden Leihrad beworfen und anschließend mit einer fünf Kilo schweren Steinplatte nach dessen Kopf gezielt hatte. Die Tat wertet die Staatsanwaltschaft als versuchten Totschlag. Rechtsanwalt Olaf Groborz hingegen hält beide Anklagepunkte für gefährliche Körperverletzungen. Im Fall des gewürgten Mädchens ist er der Meinung, dass keine Tötungsabsicht erkennbar und ein sexuelles Motiv nicht nachgewiesen sei.

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