Prozess:Mieter will Vermieter aussperren

Der neue Eigentümer möchte sich seine Wohnung ansehen, muss dafür aber vor Gericht

Von Stephan Handel

Kündigung wegen Eigenbedarf - das dürfte wohl für fast jeden Mieter eine Schreckensvision ein. Die Wohnung, in der ein Betroffener seit mehr als 30 Jahren lebte, war verkauft worden - und der neue Vermieter wollte sie wohl selbst nutzen. Welche Rechte in einem solchen Fall dem Mieter zustehen, dazu hat das Münchner Amtsgericht nun ein neues Kapitel geschrieben.

Der Mieter war offenbar sehr verärgert über die Kündigung - und aus diesem Grund fest entschlossen, dem neuen Eigentümer das Leben so schwer wie möglich zu machen. Dieser hatte die Wohnung an der Georgenstraße gekauft, ohne sie vorher gesehen zu haben. Das wollte er jetzt nachholen. Er schrieb dem Mieter einen Brief und schlug darin drei Termine zur Auswahl vor, unter anderem weil er die Wohnung ausmessen wolle. Da aber wollte der Mieter nicht mitmachen: Er verweigerte dem neuen Besitzer den Zutritt zur Wohnung mit dem Hinweis auf den Mietvertrag. In dem Papier war vereinbart worden, dass der Eigentümer zwar ein Recht darauf habe, die Wohnung mit Mietinteressenten zu besichtigen; das wollte der Mieter aber so verstanden wissen, dass das Zutrittsrecht nur dann bestehe, wenn an Dritte vermietet werden solle - aber nicht, wenn der Eigentümer die Wohnung in eigener Sache anschauen wolle. Er solle sich daher mit einer Architektenskizze zufrieden geben, teilte er ihm mit. Außerdem verlangte er die Zahlung von mehr als 600 Euro, so viel habe eine Spülmaschine gekostet, die er gekauft habe, weil die alte kaputtgegangen war.

Der Eigentümer wollte sich dieses Gebaren des Mieters nicht gefallen lassen und verklagte ihn vor dem Amtsgericht. Das gab ihm nun in allen Punkten recht (Az 416 C 10784/16). Die zuständige Richterin verurteilte den Mieter auf Duldung der Besichtigung der Wohnung. "In seinem Bedürfnis auf erstmalige Information hinsichtlich des Aussehens, der Ausstattung sowie der genauen Größe der Wohnung ist ein berechtigtes Interesse zu sehen, das das Interesse des Mieters an fehlender Störung deutlich überwiegt", so das Urteil. Die Regelungen des Mietvertrags seien so zu verstehen, dass die dort aufgezählten Fälle garantiert ein Besichtigungsrecht begründeten - was aber nicht bedeute, dass alle anderen Fälle kategorisch ausgeschlossen seien. Der Mieter kann die Besichtigung auch nicht von der Bezahlung der Spülmaschine abhängig machen: Der grundgesetzlich garantierte Schutz des Eigentums stehe höher und könne nicht einfach durch eine finanzielle Forderung außer Kraft gesetzt werden.

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