Prozess:Mann muss 6700 Euro für neue Möbel nicht bezahlen

  • Ein Münchner will die Monteure seiner neuen Möbel gleich bei ihrer Ankunft bezahlen - diese aber lehnen ab.
  • Nach getaner Arbeit war das Geld plötzlich verschwunden. Offenbar wurde es gestohlen.
  • Der Kunde muss nun nicht mehr für Küche und Eckbank zahlen, urteilte der Richter.

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Ein ungewöhnliches Urteil: Als bei einem Münchner die neue Küche geliefert wird, will der Mann sofort den zwei Monteuren die fällige Restzahlung in die Hand drücken - doch die verweigern die Annahme der Umschläge mit dem Bargeld zunächst. Später aber sind diese Kuverts mit insgesamt knapp 6700 Euro verschwunden - mutmaßlich gestohlen. Pech für das Möbelhaus, sagt dazu nun das Gericht: Weil die Arbeiter die angebotene Zahlung abgelehnt hatten, schulde der Käufer dem Möbelhaus jetzt nichts mehr.

Es ist ein sehr bekanntes Möbelhaus aus dem Münchner Umland, in dem der Mann eine neue Küche für 7000,07 Euro bestellt hatte. Und dazu für sein Wohnzimmer eine Eckbank, die 3733,60 Euro gekostet hat. Insgesamt zahlte er 5000 Euro an. Für den Tag der Lieferung richtete der Münchner zwei Umschläge her: einen mit 4000,07 Euro für die Küche, und ins zweite Kuvert für die Eckbank steckte er versehentlich sogar 2667 Euro.

Beide Umschläge hielt er dann den gerade angekommenen Monteuren des Möbelhauses entgegen, noch bevor die auch nur einen Schraubenzieher ausgepackt hatten. Die Männer sagten, dass sie das Geld erst haben wollen, wenn sie fertig seien. Daraufhin steckte der Kunde die Umschläge in eine Klarsichthülle und legte diese auf ein Sideboard ins Wohnzimmer im ersten Stock seines Hauses.

Weil die Monteure bald darauf auch dort hinein mussten, war der Mann vollauf damit beschäftigt, seinen Hund und seine Katze zu beruhigen. Die Katze war wegen der Fremden sogar ausgebüxt und musste sich nach dem Einfangen auch noch erbrechen. An die Kuverts dachte der Mann deshalb nicht. Zumal auch noch ein befreundeter Nachbar reinschaute und zudem der Vater des Münchners.

Als die Monteure nach getaner Arbeit das Geld verlangten, waren die Umschläge verschwunden. Beim gemeinsamen Suchen wurden sie draußen bei den Briefkästen gefunden - aber leer. Weil der Kunde sich daraufhin weigerte, das Möbelhaus zu bezahlen, klagte die Firma.

Der Richter der 6. Zivilkammer befragte etliche Zeugen. Dann sagte er, dass der Kunde nichts mehr bezahlen müsse. Denn er habe den Inkassobeauftragten des Möbelhauses umgehend die bereitgehaltenen Scheine und Münzen angeboten und so die "Konkretisierung der Geldschuld herbeigeführt". Es komme deshalb gar nicht darauf an, ob die Monteure oder andere Personen das Geld geklaut hätten.

Natürlich sei es auch nach seiner persönlichen Erfahrung eher ungewöhnlich, den Arbeitern noch vor dem Abschluss der Montage und damit "zur Unzeit" die Restzahlung anzubieten, sagte der Richter. Es stehe aber nicht im Vertrag, wann das Geld übergeben werden solle.

Was der Richter über den Charakter des Kundens denkt

Er habe durchaus daran gedacht, dass der Kunde bewusst diese ungewöhnliche Situation herbeigeführt haben könnte und selbst das Geld verschwinden ließ, um so von der Restkaufpreisschuld freizukommen, sagte der Richter. "Ein solcher Plan setzt allerdings ein Maß an Raffinesse voraus", erklärte er, das aber traue er dem "eher geradeaus gestrickten" Beklagten nach seinem persönlichen Eindruck in der Vernehmung nicht zu.

Sicherlich verletze die Handlungsweise des Kunden, die Umschläge unbeaufsichtigt im Wohnzimmer liegen zu lassen, die übliche Sorgfaltspflicht, urteilte das Gericht. Das sei trotzdem keine grobe Fahrlässigkeit gewesen: Dem eigenen Vater und einem befreundeten Nachbarn, der sogar immer einen Hausschlüssel habe, müsse man nicht misstrauen. Grob fahrlässig hätte der Kunde höchstens gehandelt, wenn er von vornherein den Möbelmonteuren solch einen Diebstahl zugetraut hätte.

Nach Einschätzung des Richters ist der beklagte Kunde aber ein "offener und schnell auf andere Personen zugehender Charakter mit einer gewissen Neigung zur Sorglosigkeit". Er habe den Monteuren auch rasch das "Du" angeboten. Er habe jedenfalls nicht so gehandelt, dass es als "nicht nachvollziehbar" anzusehen sei oder dass sich das Risiko "jedem aufdrängen" müsse. Er sei ein Mann aus der Bevölkerung und da dürfe kein "besonders zur Vorsicht neigender Volljurist" als Maßstab angelegt werden.

Die beiden Monteure hatten als Zeugen bei dem Richter dagegen keinen besonders guten Eindruck hinterlassen. Der Diebstahl könne ihnen zwar nicht nachgewiesen werden, aber er sei "durchaus vorstellbar". Die Männer hätten sich erstaunlich zugeknöpft gezeigt, sagte der Richter, "und vermittelten keinen verlässlichen Eindruck". Sie hätten den Tattag nur wortkarg und detailarm geschildert, obwohl er in ihr Gedächtnis eingegraben sein müsste. Ihre Angaben hätten "eher hergeholt und abgesprochen" gewirkt, heißt es in der Urteilsbegründung.

Das Urteil (Az.: 6 O 13428/15) ist noch nicht rechtskräftig.

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