Prozess:Klinik verklagt Stadt wegen schlechter Presse

Chirurgische Klinik Dr. Rinecker in München, 2012

Klage von der Klinik Dr. Rinecker: Das Unternehmen will Schadenersatz wegen schlechter Presse.

(Foto: Stephan Rumpf)

Wegen vermeintlicher Hygienemängel ließen Behörden insgeheim OP-Säle in der Rinecker-Klinik schließen. Reporter bekamen davon Wind - und dem Krankenhaus liefen die Patienten davon. Nun will der Klinikchef finanzielle Entschädigung.

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Eine 2,5-Millionen-Klage der Rinecker-Klinik gegen die Stadt könnte sich zum Grundsatzstreit entwickeln: Muss eine Behörde dafür haften, wenn die Presse Wind von amtlichen Maßnahmen bekommt und darüber berichtet? In diesem Fall hatte das Gesundheitsamt 2011 unter dem Eindruck diverser Hygieneskandale OP-Säle der Privatklinik geschlossen. Die Stadt hatte seinerzeit die Öffentlichkeit darüber aber nicht informiert. Zeitungsreportern war es trotzdem nicht verborgen geblieben. Klinik-Inhaber Hans Rinecker sagte später, durch die negativen Schlagzeilen seien weniger Patienten gekommen oder von Ärzten überwiesen worden. Er verlangt rund 2,5 Millionen Euro Schadensersatz. Doch vielleicht lässt sich der Streit auch schon mit einer Millionen Euro beenden.

Städtische Kontrolleure hatten im Herbst 2011 verfügt, dass bestimmte Herz- und Gelenkoperationen nur noch in OP-Saal 6 der Rinecker-Klinik vorgenommen werden dürften. Fünf weitere Säle wurden für solche Eingriffe gesperrt, bis dort spezielle Automatiktüren eingebaut sind. Die Stadtbeamten bemängelten, dass die Raumluft den Hygienevorschriften nicht genüge und türlose OP-Räume nicht den genehmigten Plänen entsprächen. Sie meinten, es bestehe eine generelle Gefährdungslage, da gegen verschiedene Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene des Robert-Koch-Instituts verstoßen werde. Allerdings hob das Verwaltungsgericht München im Mai 2012 diese amtlichen Verfügungen wegen Formfehlern auf.

Patienten haben die Klinik gemieden

Die Münchner Tageszeitungen hatte die Schließungsverfügung sehr schnell gemeldet. Aus Furcht vor eklatanten Hygienemängeln, die durch die fehlerhafte Anordnung der Stadt und die anschließende Berichterstattung erweckt worden sei, hätten daraufhin viele potenzielle Patienten die Klinik gemieden, sagte Rinecker. Das lastet er aber nicht den Medien, sondern der Stadt an. Denn die habe mit ihren falschen Bescheiden die Berichte erst ausgelöst. Rinecker macht Ansprüche aus Amtshaftung sowie Entschädigung aufgrund eines "enteignungsgleichen Eingriffs" geltend.

Die Amtshaftungskammer am Landgericht München I hatte die Klage Anfang des Jahres noch abgewiesen. Am Donnerstagabend machte das Oberlandesgericht München in der Berufungsverhandlung aber deutlich, dass es den Fall anders beurteilt: Die besseren Chancen sieht der 1. Senat derzeit bei "über 50 Prozent" zugunsten der Klinik. Die OLG-Richter sagten, dass sie derzeit aber nur dem Grunde nach urteilen könnten. Der tatsächliche Schadensersatz sei nur über ein aufwendiges Sachverständigengutachten zu ermitteln. Johannes Rinecker, der seinen Bruder in der Verhandlung vertrat, bot daraufhin an, den Prozess zu beenden, wenn die Stadt, beziehungsweise ihre Versicherung, eine Millionen Euro bezahlen würde. Auf diesen Betrag war auch das Gericht mit seinem Vergleichsvorschlag gekommen. Stadt und Versicherung haben nun Bedenkzeit bis Mitte Dezember, andernfalls wird der Prozess fortgesetzt.

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