Prozess:Jugendtrainer soll Kinder heimlich unter der Dusche gefilmt haben

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Seine ehemalige Lebensgefährtin fand die Videos und erstattete Anzeige. Der 45-Jährige muss sich nun vor Gericht verantworten.

Von Andreas Salch

Die Opfer ahnten nichts. Doch wenn Mädchen und Buben des TSV Gilching-Argelsried nach dem Training oder nach Wettkämpfen duschten, soll sie ihr Trainer oftmals dabei gefilmt haben. Heimlich. Außerdem soll der 45-Jährige die Kinder und Jugendlichen auch in Unterkünften, in Umkleidekabinen und auf Toiletten gefilmt haben. Der Angeklagte soll dazu Minikameras in Lufterfrischer, Bewegungs-, Rauch- und Feuermelder eingebaut haben. Im Dezember 2015 flog alles auf. Die ehemalige Lebensgefährtin des IT-Vertriebsmitarbeiters soll in Umzugskartons Computer-Festplatten ihres Partners gefunden haben, auf denen die Videos gespeichert waren. Sie ging zur Polizei und erstattete Anzeige.

An diesem Montag muss sich der 45-Jährige vor dem Amtsgericht München verantworten. Die Staatsanwaltschaft hat Anklage wegen des Besitzes und Herstellens kinderpornografischer Schriften erhoben. In fast 80 Fällen soll der IT-Vertriebsmitarbeiter heimlich Videoaufnahmen gemacht haben, auf denen vor allem Kinder und Jugendliche nackt oder teilweise unbekleidet zu sehen sind. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, er habe die Aufnahmen gemacht, "um sich bei deren Ansicht sexuell zu befriedigen". Zu den mutmaßlichen Opfer gehören neben Kindern und Jugendlichen des TSV Gilching-Argelsried auch Erwachsene sowie Kinder und Jugendliche anderer Vereine, die an Wettkämpfen teilgenommen haben.

Kurz vor Weihnachten 2015 durchsuchten Ermittler der Kriminalpolizei die damalige Wohnung des Angeklagten in Unterschleißheim "wegen des Verdachts des Besitzes kinderpornografischer Schriften sowie Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereiches durch Bildaufnahmen". Dabei wurden unter anderem Computer-Festplatten sowie zahlreiche Speicherkarten sichergestellt. Auf einem Teil der Datenträger befanden sich allein 554 Bilddateien und 985 Videodateien, die Kinder und Jugendliche des TSV in Schlaf-, Umkleide- und Sanitärräumen zeigen. Die Mehrzahl der Bilder und Videos soll der Angeklagte zwischen den Jahren 2007 und 2015 gemacht haben. Einige wurden in der Umkleidekabine der Grundschule Gilching gemacht oder auch in der Umkleidekabine der Rathaushalle der Gemeinde. Andere entstanden bei Auswärtsveranstaltungen, an denen Kinder und Jugendliche des TSV teilgenommen haben. So etwa beim Deutschen Turnfest in Heidelberg im Mai 2013 oder bei diversen Trainingslagern. Bei der Durchsuchung der Wohnung des Mannes wurden zudem 10 985 Bilddateien ohne Datumsangaben sichergestellt.

Im Zuge der Auswertung weiterer Datenträger fanden die Ermittler auch 3907 kinderpornografische Bilddateien sowie 447 kinderpornografische Videodateien. Sie zeigen unbeschreibliche Szenen, bei denen Kinder, zum Teil im Alter von unter zehn Jahren, von erwachsenen Männern vergewaltigt oder sexuell erniedrigt werden. Die Gesamtspielzeit dieser Dateien, die zwischen den Jahren 2010 und 2014 erstellt wurden, beträgt mehr als 70 Stunden.

Für den Prozess gegen den 45-Jährigen hat das Gericht nur einen Verhandlungstag angesetzt. Der Angeklagte wird also offenbar ein Geständnis ablegen, so dass noch am selben Tag ein Urteil ergehen wird. Der Verteidiger des 45-Jährigen, Rechtsanwalt Florian Zenger, betont, dass sein Mandant niemals Gewalt gegen eines der mutmaßlichen Opfer angewendet habe.

Nachdem die ehemalige Lebensgefährtin des Mannes im Dezember 2015 Anzeige erstattet hatte, reagierte der TSV Gilching-Argelsried sofort und kündigte dem 45-Jährigen fristlos. Nach außen hielt sich der Verein jedoch bedeckt. Erst als die Staatsanwaltschaft im Zuge ihrer Ermittlungen die Eltern der mutmaßlichen Opfer anschrieb, um weitere Informationen einzuholen, wurden die Vorwürfe öffentlich. Der Angeklagte soll seine Kündigung zunächst nicht akzeptiert haben.

© SZ vom 20.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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