Prozess:Journalistin klagt gegen Feuerwehr

Prozess: Eine dramatische Szenerie bot sich der Feuerwehr nach der Explosion im Laden eines Goldschmiedes. Neun Menschen wurden verletzt.

Eine dramatische Szenerie bot sich der Feuerwehr nach der Explosion im Laden eines Goldschmiedes. Neun Menschen wurden verletzt.

(Foto: Reto Zimpel)

Die Frau hielt sich offenbar nicht an einen Platzverweis und wurde bei der Räumung wegen einer Gasexplosion verletzt

Von Ekkehard Müller-Jentsch

"Wenn deine Bilder nicht gut genug sind, warst du nicht nah genug dran." Diese goldene Regel der Fotografen-Legende Robert Capa hat eine Münchner Journalistin möglicherweise zu sehr verinnerlicht. Sie wollte an einer Unglücksstelle partout Fotos mit ihrem Handy machen, während ein Feuerwehrmann sie wegzuscheuchen versuchte. Dabei sei sie von dem Einsatzleiter zu Boden gestoßen und verletzt worden, sagt die Journalistin. Sie klagt gegen die Stadt auf Schmerzensgeld und Schadensersatz. Die Amtshaftungskammer am Landgericht München I soll nun den Vorgang aufklären. Dabei wunderte sich das Gericht erst einmal, warum eine freie Reisejournalistin plötzlich eine Feuerwehrreportage machen wollte.

Die Schwabingerin erledigte am 18. Dezember 2012 gerade Einkäufe, als sie zur Mittagszeit Zeugin einer Gasexplosion wurde. Es war eine dramatische Szenerie. Im Laden eines Goldschmieds war vermutlich eine Gaskartusche explodiert. Glasscherben und herumfliegende Gegenstände hatten Passanten verletzt. Auf dem Gehweg vor der Hausnummer 63 lag eine Schaufensterpuppe mit zerfetzter Kleidung. Blut klebte auf der Straße - die Druckwelle hatte zwei Männer von ihren Fahrrädern gerissen, die mit Schürfwunden auf dem Pflaster lagen. Insgesamt wurden neun Menschen verletzt. Es roch auch noch nach Gas, als die Feuerwehr eintraf. In der Goldschmiede befanden sich mehrere Gasflaschen. Noch bevor die Polizei eintraf, hatte sich der Einsatzleiter der Feuerwehr aus Sorge um eine akute Explosionsgefahr dazu entschlossen, den Unglücksort weiträumig abzusperren. Dabei habe eine Frau sich geweigert zu gehen und weiterhin mit dem Handy fotografiert, hieß es am Mittwoch vor Gericht.

Auch als der Einsatzleiter einen Platzverweis verhängte, sei sie nicht gegangen. In ihrer Klage sagt die Frau, der Feuerwehrmann sei auf sie zugestürmt und habe sie zu Boden gestoßen. Sie habe Verletzungen der Halswirbelsäule erlitten, Schädelprellungen, Abschürfungen an den Ellenbogen - außerdem sei ihr Daunenmantel beschädigt worden. Sie verlangt 350 Euro für den Mantel, je 250 Euro Verdienstausfall als freie Journalistin für insgesamt 24 Tage, sowie 1800 Euro Schmerzensgeld. Die Feuerwehr hatte wegen des Vorfalls sogar Selbstanzeige bei der Polizei gestellt, die Ermittlungen waren von der Staatsanwaltschaft aber rasch eingestellt worden.

Der Anwalt der Stadt wies die Forderungen zurück: Der Einsatzleiter habe wegen akuter Explosionsgefahr die Umgebung sofort räumen müssen - nur die Klägerin sei seinen Anweisungen, trotz des Platzverweises, nicht nachgekommen, um zu fotografieren. Deshalb habe er versucht, sie aus dem Gefahrenbereich zu drängen - dabei sei es zu dem bedauerlichen Sturz gekommen. Daran trage die Journalistin auf jeden Fall eine Mitschuld. Der Anwalt der Frau meinte dagegen, dass der Feuerwehrmann "über die Stränge geschlagen" habe.

Das Gericht stellte fest, dass auch bei einem Platzverweis ein heftiger Stoß gegen den Körper durchaus eine Überschreitung der Befugnisse sein könnte. Der Ablauf soll nun durch Zeugenanhörungen geklärt werden. Dann wird die Reisejournalistin aber auch erklären müssen, warum sie bis zum 6. Januar 2013 krankgeschrieben war, aber bis zum 27. Januar Verdienstausfall verlangt.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: