Prozess:37-Jähriger soll Ex-Frau durch Wald gehetzt und erstochen haben

  • Hasnaa A. wurde nahe der Messestadt Riem getötet. Die Staatsanwaltschaft sagt, ihr Ex-Mann habe sie mit einer Hetzjagd durch ein Wäldchen brutal bestrafen wollen.
  • Der aber berichtet von einem mächtigen Drogenboss und zwei geheimnisvollen Männern, deren Namen er nicht nennen dürfe.

Von Susi Wimmer

Osman N. ist guter Dinge. Er lacht, scherzt mit der Dolmetscherin und er sagt, dass er an das deutsche Gericht glaube. Der 37-Jährige sieht sich als völlig zu Unrecht Inhaftierten, der bald freigesprochen werde. Er habe schon eine Vermutung, wer der Mörder sein könnte, aber das könne er leider nicht preisgeben. Bei der Verlesung der Anklageschrift allerdings scheinen zwei Welten aufeinanderzuprallen: Demnach soll Osman N. seine Ex-Frau fast wie bei einer Hetzjagd 20 Minuten lang mit einem Messer durch ein Wäldchen in Riem verfolgt und immer wieder zugestochen haben, bis die Frau tödlich verletzt zusammenbrach.

Die Anklage spricht von einem heimtückischen Mord aus niederen Beweggründen. Osman N. habe mit der "lang gezogenen Tatausführung" seine ehemalige Frau dafür abstrafen wollen, dass sie ihn verlassen hatte, und dafür, dass sie ihm nicht die Kinder überlassen wollte. So sieht es die Staatsanwaltschaft. Zwölf Verhandlungstage hat das Gericht für den Fall angesetzt, um Zeugen zu hören, Beweise zu sichten und sich ein Bild vom Leben des aus Syrien stammenden Paares zu machen.

Osman N. und Hasnaa A. hatten im Mai 2004 in Aleppo geheiratet. Die sieben Jahre jüngere Frau brachte vier Kinder zur Welt, drei Söhne sowie zuletzt im Jahr 2015 eine Tochter. Doch die Ehe war zerrüttet. In einem Gespräch mit dem psychiatrischen Gutachter Cornelis Stadtland behauptete Osman N., seine Frau habe die Kinder regelrecht misshandelt, gefoltert, sie sei eine Tyrannin gewesen. Deshalb, und auch aus finanziellen Gründen, sei es immer wieder zu Streitereien gekommen.

Wegen des Krieges verließ die Familie Aleppo, sie floh in die Hafenstadt Tartus, später in die Türkei. Von dort aus soll Osman N. nur mit einem seiner Söhne nach Deutschland geflohen sein. Der Sohn sei krank gewesen, gab Osman N. an.

Die Ehefrau flüchtete wenig später ebenfalls nach Deutschland, allerdings nicht wie ihr Mann nach München, sondern nach Eisenhüttenstadt. Während der Flucht soll sie sich in einen Mann namens Ali verliebt haben. Sie habe Osman N. am Telefon um die Scheidung gebeten. "Und ich habe dreimal gesagt: ,Du bist geschieden'", erklärte Osman N. dem Psychiater. Damit sei die Scheidung nach islamischem Recht gültig. In der Folge habe es nur Streitereien gegeben, weil er seine drei Kinder sehen wollte, die bei der Frau in Eisenhüttenstadt lebten. Ali, so erklärte der Angeklagte, sei auf seiner Seite gewesen und habe ihm helfen wollen.

Vor genau einem Jahr, am 29. April 2016, soll Osman N. seine Frau nach München gelockt haben mit der Aussage, dass es dem bei ihm lebenden Sohn sehr schlecht gehe. Überwachungsbilder aus den öffentlichen Verkehrsmitteln zeigen den Weg des Paares: Der 37-Jährige holte Hasnaa A. um 6.15 Uhr am Zentralen Omnibusbahnhof ab, sie fuhren über den Hauptbahnhof zur Messestadt Ost. Unter einem Vorwand soll der Angeklagte die Frau in ein Wäldchen am De-Gasperi-Bogen gedrängt und mit mehreren Messerstichen getötet haben.

Dann soll er ihre Handtasche nahe den Riem-Arcaden in einen Mülleimer geworfen und in die benachbarte Asylbewerberunterkunft gegangen sein. Osman N. hingegen behauptete, dass man sich nahe der U-Bahnstation mit Ali getroffen habe. Hasnaa A. sei in seinen dunklen BMW gestiegen, in dem zwei weitere Männer saßen. Einer von ihnen könnte der Täter sein. Wenig später habe ihm Ali die Handtasche von Hasnaa übergeben, damit er mit ihrem Handy seine Kinder anrufen könne.

Ali sei ein mächtiger Drogenboss, behauptete der Angeklagte. Er könne aber keine Namen nennen, auch nicht von dem mutmaßlichen Mörder, denn ansonsten sei das Leben seiner Kinder in Gefahr. Er hoffe auf baldige Entlassung.

Gleich zu Beginn des Prozesses erklärte Richter Michael Höhne, dass bei einer Verurteilung von Osman N. auch die besondere Schwere der Schuld in Betracht käme. Diese können Gerichte attestieren etwa bei Mehrfachmorden oder wenn das Opfer in hohem Maß gequält wurde. Das bedeutet, dass der Verurteilte auch nach 15 Jahren nicht aus der Haft entlassen wird.

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