Prozess:19-Jähriger raubt Apotheken aus - weil er "etwas Unbraves" tun wollte

Lesezeit: 1 min

Der Schüler leidet an Depressionen und Minderwertigkeitskomplexen. Nun muss er in Haft.

Von Andreas Salch

Alexander R. ( Name geändert) fasste einen fatalen Entschluss. Er habe etwas tun wollen, "was man nicht von mir erwartet, etwas Unbraves", sagte der 19-Jährige vor der Jugendkammer am Landgericht München I.

Im Herbst vergangenen Jahres setzte Alexander R. seinen Entschluss in die Tat um. Maskiert und mit einer Druckluftpistole bewaffnet, raubte er zwei Apotheken im Norden der Stadt aus. In beiden Fällen nahm der Schüler Tabletten sowie insgesamt 5000 Euro Bargeld mit. Ein weiterer Überfall schlug fehl. Als eine Apothekerin um Hilfe schrie, rannte der 19-Jährige davon.

München
:Mann raubt drei Apotheken aus - um sich erwachsen zu fühlen

Geld oder Psychopharmaka hätten ihn weniger interessiert, sagt der 19-Jährige vor Gericht. Die Überfälle seien ein "radikaler Schritt in die Unabhängigkeit" gewesen.

Von Christian Rost

Für die Taten verurteilte die Jugendkammer Alexander R. jetzt unter anderem wegen versuchter sowie besonders schwerer räuberischer Erpressung zu drei Jahren und drei Monaten Haft. Das Gericht wandte Jugendstrafrecht an. Alexander R. nahm das Urteil äußerlich regungslos zur Kenntnis.

Sein Motiv für die Überfälle war nicht so sehr, an Geld zu kommen. In erster Linie hatte er es auf Psychopharmaka abgesehen, um damit seine Stimmungstiefs in den Griff zu bekommen. Der 19-Jährige leidet an Depressionen und Minderwertigkeitskomplexen. Wegen eines Sprachfehlers fand er nie Anschluss bei Gleichaltrigen. Eine Freundin hatte er noch nicht. Der Mensch, der ihm nach wie vor am nächsten steht, ist seine Mutter. Bei ihr hat er sein Kinderzimmer.

Im vorigen Jahr hatte Alexander R. bei einem Praktikum in einem Seniorenheim stimmungsaufhellende Medikamente gestohlen. Da er sich durch deren Einnahme entspannter fühlte, stahl er fortan immer wieder welche. Später hatte er sich Tranquilizer bisweilen auch bei einem Arzt verschreiben lassen. Am Ende fälschte er aber einfach Rezepte.

Er kam in eine psychiatrische Klinik. Doch die Therapie, die er dort machte, zeigte keinen Erfolg. Im Herbst 2015 kam es zu einem Rückschlag. Alexander R. griff wieder zu Tabletten und rauchte Marihuana und nahm sich vor, etwas "Unbraves" zu tun. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

© SZ vom 26.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ-Dienst
:SZ München-News per WhatsApp, Telegram oder Insta

Wissen, was München bewegt: Der WhatsApp-Kanal der Süddeutschen Zeitung bietet einen schnellen und bequemen Nachrichtenservice für die Stadt. Abonnieren Sie ihn kostenlos.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: