Prozess in München:48-Jähriger soll Nachbarin heimlich gefilmt haben

Die Kamera versteckte er auf dem Balkon, die Bilder ließ er auf den Fernseher übertragen und die Aufzeichnung lief permanent: Ein 48 Jahre alter Münchner soll mittels ausgetüftelter Elektronik in die Wohnung seiner Nachbarin gespäht haben. Jetzt steht er vor Gericht.

Von Andreas Salch

Sollten die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft zu treffen, dann ist Andre L. die moderne Version eines Spanners. Der 48-Jährige soll nämlich mit einer ausgetüftelten Überwachungselektronik vom Balkon seiner Zweitwohnung in Milbertshofen-Am Hart aus direkt in die gegenüberliegende Wohnung seiner Nachbarin gespäht haben.

Die Staatsanwaltschaft hat ihn deshalb angeklagt wegen Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen. Andre L. stritt den ungeheuerlichen Vorwurf zum Prozessauftakt am Montag vor dem Amtsgericht München rundweg ab.

Ende Juni vergangenen Jahres hatte L.s Nachbarin die Polizei alarmiert - sie hatte auf dessen Balkon eine brennende rote Leuchtdiode entdeckt. Ein Streifenpolizist leuchtete daraufhin mit seiner Stablampe von der Wohnung der Nachbarin in das Zimmer von Andre L. Er lag in seinem Bett. Die Polizisten gingen schließlich in das gegenüberliegende Mehrfamilienhaus und forderten L. auf, die Tür zu öffnen.

Über das, was sie in der Wohnung sahen, erstaunten sie sehr: An einem Stuhl auf dem Balkon war eine Kamera installiert und mit einem Handtuch getarnt. An dieser wiederum befand sich ein Konverter mit Zoomfunktion; dieses Zoom konnte über eine Fernbedienung gesteuert werden. Von der Kamera verlief ein Kabel zum Fernseher von Andre L. Dort konnten auf einem eigens eingerichteten Kanal die Bilder betrachtet werden, die die Kamera permanent aufzeichnete.

Als die Polizisten die Wohnung des 48-Jährigen, der als Beruf Projektleiter für Elektronik angab, betraten, war der Fernseher zwar ausgeschaltet. Das rote LED-Licht der Kamera leuchtete aber, so berichtete es einer der Polizisten, die als Zeugen vor dem Amtsgericht aussagten.

Andre L. versicherte, er habe die Überwachungskamera aufgestellt, um potenzielle Einbrecher abzuschrecken. Warum, fragte Amtsrichter Andreas Schätzl, war sie dann aber genau auf die Wohnung der Nachbarin ausgerichtet? Womöglich habe er den Stuhl mit der Kamera versehentlich verschoben, meinte Andre L. Der Prozess wird fortgesetzt.

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