Prozess in München:Hilfe in letzter Sekunde

  • Ein 28-Jähriger soll am Neujahrsmorgen versucht haben, eine Studentin im U-Bahnhof Forstenrieder Allee zu vergewaltigen.
  • Der Mann soll zunächst zwei andere Frauen belästigt haben, die beiden konnten sich wehren und weglaufen.
  • Zwei junge Männer halfen der Studentin und fingen den 28-Jährigen ein, der mit dem Handy der jungen Frau flüchten wollte.

Von Christian Rost

Akram S. sitzt auf der Anklagebank, gestikuliert mit den Händen und ist in seinem Redefluss kaum zu bremsen. Er habe "einen großen Fehler begangen", sagt der 28-Jährige. "Wenn die Leute nicht gekommen wären, hätte ich vielleicht einen noch größeren Fehler gemacht." Der Pizzabäcker war nur durch das couragierte Eingreifen zweier junger Männer davon abgehalten worden, eine 22-jährige Studentin im U-Bahnhof Forstenrieder Allee zu vergewaltigen. Das jedenfalls wirft ihm die Münchner Staatsanwaltschaft vor.

Seit Dienstag muss sich Akram S. wegen der mutmaßlichen Tat am Neujahrsmorgen 2015 vor der 8. Strafkammer am Landgericht München I verantworten. Er sagte, dass er sich bei der jungen Frau entschuldigen wolle, sich aber an die Geschehnisse an jenem Morgen nicht erinnern könne. "Wofür wollen Sie sich dann entschuldigen?", fragte der Vorsitzende Richter Gilbert Wolf. Akram S. blieb eine Antwort schuldig.

Per Handy Hilfe geholt

Laut Anklage war die Studentin gegen 5 Uhr auf dem Heimweg von einer Silvesterfeier bei Freunden. An der Forstenrieder Allee stieg sie aus der U-Bahn und nahm die Rolltreppe zum Ausgang. Auf der Treppe fiel ihr ein Stück oberhalb der Angeklagte auf, der zwei jungen Frauen belästigte. Eine der beiden zog er an sich heran, betastete sie und fasste sich dabei in seine Hose. Als die zweite junge Frau eingriff und auf den Mann einzuschlagen begann, ließ er die andere los. Beide konnten flüchten. Nun fasste S. die Studentin ins Auge und rannte sofort in ihre Richtung. Laut Staatsanwaltschaft lief die 22-Jährige auf der Rolltreppe nach unten und dann den Bahnsteig entlang, um den anderen Ausgang zu erreichen. Währenddessen rief sie mit dem Handy ihren Vater an und bat ihn, ihr schnell zu helfen.

Der Angeklagte, der weiter hinter seinem Opfer hersprintete, bekam es an der westlichen Rolltreppe zu fassen. Er riss ihr das Handy aus der Hand, drückte sie auf die Rolltreppe und zwang sie so hinauf ins Zwischengeschoss, wo er sie umklammerte und versuchte, ihre Hose hinunterzuziehen. Die Studentin wehrte sich und schrie um Hilfe, was zwei junge Männer hörten, die neben dem U-Bahnaufgang auf der Straße standen und rauchten. Die Männer gingen runter ins Zwischengeschoss und dachten zunächst, dass "da ein Paar streitet", wie einer der Zeugen, ein 21-jähriger Verkäufer, schilderte.

Der Flüchtige wurde eingefangen

Akram S. versuchte, die beiden abzuwimmeln: "Weg, weg, weg", habe er gesagt, so der Zeuge. Die Studentin rief, der Mann wolle sie vergewaltigen, sie riss sich los und brachte sich hinter den Helfern in Sicherheit. S. machte sich mit dem iPhone der Geschädigten in der Hand davon und versuchte zu flüchten. Der 21-Jährige setzte ihm jedoch nach und bekam ihn an der Ecke Forstenrieder Allee/Züricher Straße zu fassen, weil der Angeklagte auf einer Eisplatte ausgerutscht war. In diesem Moment traf auch der Vater des Opfers ein - er kam barfuß und im Pyjama angelaufen und versetzte Akram S. sofort zwei Faustschläge ins Gesicht. Eine Polizeistreife nahm den Verletzten mit und musste ihn später in einem Krankenhaus erneut einfangen, als er vom Krankenbett aus wieder flüchten wollte.

Akram S. war eigenen Angaben zufolge aus Bologna nach München gekommen, um mit einem Freund in einer Schwabinger Disco Silvester zu feiern. Dabei habe er fast eine Flasche Wodka getrunken, fünf Joints geraucht sowie zwei Ecstasy-Tabletten genommen. "Ich war nicht normal." Der Prozess dauert an.

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