Prozess in München:Ehestreit um ein Geschenk endet in Messerattacke

Zekirja M. rammte seiner Frau bei einer Auseinandersetzung ein Messer in den Rücken. Jetzt steht er wegen versuchten Totschlags in München vor Gericht. Seine Ehe hält auch nach dem Angriff.

Von Christian Rost

Seit 32 Jahren sind Zekirja M. und seine Frau verheiratet. Zusammenbleiben wollen sie selbst nach diesem blutigen Vorfall: Im Streit um die Kosten für ein Hochzeitsgeschenk für die Cousine seiner Ehefrau rammte M. ihr ein Küchenmesser in den Rücken. Die 55-Jährige wurde lebensgefährlich verletzt.

Seit diesem Mittwoch muss sich der Elektrikerhelfer wegen versuchten Totschlags vor dem Schwurgericht am Landgericht München I verantworten. In einer von seinen Verteidigern Christina Keil und Günter Reisiger verlesenen Erklärung räumte er ein, auf seine Frau eingestochen zu haben. Er habe nur gewollt, dass sie "endlich still" ist, so M. zu seinem Motiv. Erst im Nachhinein habe er das Ausmaß seines Handelns erkannt. "Es tut mir unendlich leid", zitierten die Anwälte ihren Mandanten.

Streit um ein Hochzeitsgeschenk

Der 55-Jährige ist ein kleiner, übergewichtiger Mann mit Vollbart, der auch aufgrund seiner zahlreichen Erkrankungen älter aussieht, als er ist. Der Vorsitzende Richter Michael Höhne zählte auf: Herzrhythmusstörungen, Diabetes, ein Bandscheibenleiden und seit 25 Jahren Depressionen. Psychische Probleme hatten auch M.s verstorbene Eltern, der Vater hat sich deswegen vor zehn Jahren erschossen. Der Angeklagte versuchte sich mit Psychopharmaka zu stabilisieren, wurde davon aber abhängig, weil er viel zu hohe Dosen einnahm, "um wenigstens schlafen zu können".

Am 5. Juni 2014 schluckte er schon tagsüber Benzodiazepine, weil er ein Gefühl der Unruhe und unbestimmter Angst verspürte. Als er am Abend von der Arbeit bei der städtischen Straßenbeleuchtung nach Hause kam in die gemeinsame Wohnung in Ramersdorf, geriet er mit seiner Frau in einen Streit. Es ging um die Hochzeit einer Cousine in Mazedonien. M.s Frau wollte an der Familienfeier teilnehmen und auch ein Geschenk mitbringen. Der Mann aber stellte sich quer - das war ihm alles zu teuer. Er hatte ohnehin mit 50 000 Euro Schulden zu kämpfen, die er überwiegend mit Autokrediten angehäuft hatte. Zwar verdienten er und seine Frau zusammen monatlich rund 3000 Euro netto, dennoch war das Geld stets knapp.

Verteidigung spricht von einem "Aussetzer"

Während der hitzigen Diskussion in der Küche ihrer Wohnung hatte Zekirja M. eine Zigarette im Mund. Seine Frau griff nach der Zigarette und meinte: "Wenn du dafür Geld hast, kannst du auch eine Reise nach Mazedonien zahlen." Das habe "eine gewisse Provokation" für den Angeklagten dargestellt, sagten seine Anwälte, schließlich habe seine Frau auch viel geraucht. Jedenfalls griff sich M. ein Küchenmesser mit mehr als 19 Zentimeter langer Klinge und baute sich vor seiner Ehefrau auf. Das habe sie aber nicht beeindruckt, weshalb es zu dem "Aussetzer" gekommen sei, schilderten die Verteidiger das weitere Geschehen aus der Sicht ihres Mandanten.

M. rammte seiner Frau das Messer auf Nierenhöhe in den Rücken, zog es wieder heraus und ließ es auf den Boden fallen. Der Stich hatte die Milz getroffen. Die Verletze lief sofort aus der Wohnung hinaus auf die Straße - ihr Mann rief noch eine Entschuldigung hinterher - und ließ sich von Passanten bis zum Eintreffen eines Notarztes versorgen. Im Klinikum rechts der Isar musste sie notoperiert werden. Der Mann blieb in der Wohnung zurück, wo er kurze Zeit später festgenommen wurde.

In der U-Haft hat er 20 Kilo abgenommen, seine Medikamente nimmt er nur noch in der richtigen Dosierung ein. Während der Schilderung seines Lebenslaufs machte er einen wachen Eindruck vor Gericht - er erzählte von seiner Schulzeit von nur sechs Jahren in Mazedonien, dem Umzug mit den Eltern vor 40 Jahren nach München und seinen Hilfsarbeiterjobs, weil er sich sonst nichts zutraute. Wie es mit ihm nach einer möglichen Haftstrafe weitergehen solle, fragte Richter Höhne. "Ich will arbeiten", sagte M., "und mit meiner Frau zusammenbleiben."

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