Prozess:Im Pkw des Vaters zu fünf Überfällen

Schüler will Pizza-Boten auf Druck eines Freundes ausgeraubt haben

Von Christian Rost

Er bestellte sich für 30 Euro im Internet eine täuschend echt aussehende Waffe und fuhr dann mit dem Auto seines Vaters los, um Pizza-Boten in München und im Umland auszurauben. Ein 21-jähriger Schüler hat am Landgericht München I fünf Überfälle auf Mitarbeiter von Lieferdiensten im März und April dieses Jahres gestanden. Allerdings behauptete er, nicht der Drahtzieher gewesen zu sein. Ein zwei Jahre jüngerer ehemaliger Mitschüler habe ihn mit vorgehaltenem Messer zu den Taten gezwungen, sagte Mehran M. in der Verhandlung vor der Jugendkammer, die seine Aussage skeptisch zur Kenntnis nahm.

Mehran M. gab an, nach einem Schulwechsel ohne Freunde dagestanden zu haben. Die Zeit vertrieb sich der junge Mann im Fitnessstudio und mit Kiffen, wofür er seine Eltern anpumpte. Er habe so viel geraucht, dass er "ziemlich drauf" gewesen sei. In dieser Phase lernte er einen Schüler aus einer Parallelklasse kennen, der sich nach M.s Angaben als falscher Freund erwies. Der 19-Jährige habe zu ihm gesagt, er brauche dringend 1000 Euro, und habe ihn angewiesen, die Überfälle zu begehen. Weil er sich zunächst geweigert habe, so M., habe ihn der Mitschüler mit einem Messer bedroht und gesagt, es könne auch seiner Familie etwas passieren. Am 8. März begann dann die Überfallserie, wobei der Angeklagte teils in Begleitung des Mitschülers jeweils von einer Telefonzelle mit unterdrückter Nummer bei einem Pizzadienst eine Bestellung aufgab und die Boten zu abgelegenen Orten lockte. Dort wartete er mit einem Schal vermummt auf seine Opfer und forderte sie schließlich mit vorgehaltener Soft-Air-Pistole auf, alles Geld und ihre Handys herauszugeben. In drei Fällen gaben ihm die Boten ihre Wertsachen: knapp 900 Euro in bar und Handys im Wert von fast 2000 Euro. Ein Pizzafahrer indes ignorierte die Drohung: "Du kannst mich erschießen", sagte er und kassierte dafür von M. einen Tritt in den Genitalbereich. Beim letzten Überfall am 5. April in Ismaning flüchtete ein Pizzabote in ein Wohnhaus. Bei dieser Tat stand eine Zivilstreife in der Nähe, die M. festnahm. Die Polizei hatte den Schüler zu diesem Zeitpunkt längst im Visier. Zeugen hatten sich bei einem vorangegangenen Überfall das Kennzeichen des BMW gemerkt, mit dem M. davongefahren war.

Die Taten hatten in der Pizza-Branche für erhebliche Unruhe gesorgt. "Alle Kollegen hatten Angst, weil man nicht wusste, ob das noch mal passiert", sagte ein Lieferdienst-Betreiber im Zeugenstand. Einer seiner Mitarbeiter war das erste Überfall-Opfer: M. hatte eine Pizza "Jumbo Urknall" nach Unterhaching geordert und den Lieferanten dann ausgeraubt. Bei dem Lieferdienst hatte man sich schon gewundert, dass eine Pizza in einen Park gebracht werden sollte. Den geschädigten Bote nahm die Tat schwer mit - in Tränen aufgelöst erschien er nach dem Überfall bei seinem Chef, der ihm zunächst nicht glaubte: "Ich dachte, das ist ein Scherz." Im Gerichtssaal entschuldigte sich M. für das, was er angerichtet hatte. Er ersetzte den betroffenen Lieferdiensten auch das geraubte Geld.

Trotz hartnäckiger Nachfragen seitens des Gerichts und der Staatsanwaltschaft blieb der Schüler bei seiner Behauptung, dass er zu den Überfällen angestiftet worden sei: "Er hat immer gesagt: Mach noch einen, das ist das letzte Mal." Der von ihm beschuldigte Schüler hatte dies bei seiner polizeilichen Vernehmung entschieden zurückgewiesen. Vielmehr sei er von M. überredet worden, bei zwei Taten mitzumachen, sagte der 19-Jährige, der sich wohl wegen Beihilfe wird verantworten müssen - und wegen Drogenbesitzes. Bei seiner Festnahme hatte die Polizei in seiner Wohnung Marihuana gefunden. Der Prozess gegen M. dauert an.

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