Prozess:Fußballer verklagt Gegenspieler wegen Unterschenkelbruchs

  • Ein Fußballer der "Royal Bavarian Liga" verletzt einen Spieler der Gegenmannschaft so stark am Unterschenkel, dass dieser vor Gericht zieht.
  • Das Landgericht gibt dem Kläger recht und verurteilt den Verursacher zu einer Zahlung von 15 000 Euro Schmerzensgeld - doch der wehrt sich.

Von Stephan Handel

Die "Royal Bavarian Liga" ist eine Liga für Freizeit-Fußballmannschaften, in ihr treffen zum Beispiel Ajax Lattenstramm auf Arminia Bierbestellt oder Hinter Mailand auf Real Hinterbrühl. Das heißt aber nicht, dass es dort nicht zur Sache bzw. ans Schienbein ginge - wie Kresimir H. schmerzhaft erfahren musste: Er verletzte sich im Mai 2016 bei einem Spiel seines FC Broncos aus Neuperlach gegen die Fußballfreunde 09 schwer. Nun fordert er vom Verursacher der Verletzung, einem Spieler der gegnerischen Mannschaft, Schmerzensgeld und Schadensersatz.

4:2 hieß es kurz vor Ende des Spiels für Kresimir H.s Mannschaft. Das, so interpretiert er es heute, scheint seinen Gegenspieler Nelson S. so frustriert zu haben, dass er bei einem Kampf um den Ball härter einstieg, als es dem Bein seines Gegners zuträglich war: Er rutschte seitlich mit offensichtlich großer Wucht in Kresimir H.; dieser erlitt einen offenen Bruch des Unterschenkels. Zwei Wochen war er stationär im Krankenhaus, ein Jahr konnte er keinen Sport treiben, Fußball geht bis heute nicht. Länger als ein halbes Jahr war er arbeitsunfähig, bislang musste er acht Operationen über sich ergehen lassen.

H. klagte gegen Nelson S. und bekam vor dem Landgericht Recht: 15 000 Euro Schmerzensgeld wurden ihm zugesprochen. S. jedoch ging in Berufung, so dass die Kontrahenten sich nun erneut im Gerichtssaal trafen, dieses Mal vor dem Oberlandesgericht (OLG).

Dessen 7. Senat in Person seines Vorsitzenden Martin Kainz zeigte sich zunächst einigermaßen unzufrieden mit der Arbeit seiner Kollegen vom Landgericht: Es habe keine Beweisaufnahme stattgefunden, weshalb das Gericht dazu tendiere, die Sache an das Landgericht zurückzugeben, damit das Gericht dort seine Arbeit erledigt. So heiße es etwa im Paragraf 12 der Fußballregeln, dass ein Hineinspringen in den Gegner als grobes Foul zu werten sei. Aber ist Nelson S. denn hineingesprungen in Kresimir H.? Oder nicht doch eher hineingerutscht? "Da ist ja schon noch ein Unterschied", sagte Richter Kainz.

Allerdings sei von Zeugen eher keine große Hilfe zu erwarten, gut eineinhalb Jahre nach dem Vorfall. Aber, so der Richter weiter, die Verletzung sei deutlich oberhalb des Knöchels situiert gewesen - was dann eher wieder für ein Springen als für ein Rutschen spreche. Aufklärung darüber könne eventuell ein biomechanisches Gutachten bringen, ein Werkzeug, das das Landgericht ebenfalls nicht in Erwägung gezogen hatte.

Es wäre also, fasst Richter Kainz die Angelegenheit zusammen, erstens zeitaufwendig und zweitens teuer, bis ein Gericht zu einer abschließenden Entscheidung kommen könne. Deshalb der Vorschlag eines Vergleichs: S. bezahlt 5000 Euro an H., und alles ist gut, der Rechtsstreit beendet. Dieser Vorschlag allerdings stieß auf Kläger- wie auf Beklagtenseite zunächst nicht auf große Zustimmung - der Anwalt von Nelson S. machte darauf aufmerksam, dass die Haftpflichtversicherung seines Mandanten einen Vergleich sozusagen als Geständnis werten könnte, was bedeuten könnte, dass sie nicht leisten würde. Daraufhin diktierte Kainz einen Satz ins Protokoll, der der Versicherung eine solche Auffassung zumindest erschweren sollte.

Kresimir H.s Anwalt wies darauf hin, dass sich die Klage nicht nur auf bereits erlittene Schmerzen und Schäden beziehe - sondern auch auf solche, die vielleicht erst in der Zukunft eintreten und von denen heute noch niemand weiß. Diese wären auf jeden Fall nicht abgedeckt, sollte Kresimir H. den Vergleichsvorschlag akzeptieren.

Bis Ende Februar haben die Parteien nun Zeit, ihre Vergleichsbereitschaft zu bedenken. Fußballerisch übrigens war an der Aktion offenbar nichts auszusetzen: Trotz der schweren Verletzung hat der Schiedsrichter damals nicht einmal ein Foul gepfiffen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: