Prozess:Frau bleibt in Gully stecken und verklagt die Stadt

  • Die Frau fordert vor Gericht 1500 Euro Schmerzensgeld.
  • Sie war beim Rathaus mit dem rechten Fuß im Gully stecken geblieben und hatte sich dabei unter anderem die Bänder im Sprunggelenk gezerrt.
  • Der Prozessvertreter der Stadt will von einer Zahlung nichts wissen.

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Die Stadt wird voraussichtlich Schmerzensgeld an eine Münchnerin bezahlen müssen, die beim Rathaus mit ihrem rechten Fuß in einem Gully stecken geblieben war. Der Deckel des Kanalschachts war nicht richtig befestigt, sodass er beim Betreten hochklappte. Die Stadt wusste um diesen Defekt. Der Vorsitzende Richter der Amtshaftungskammer am Landgericht München I formulierte es in der Verhandlung am Mittwoch so: "Die Sicherung der Gefahrenstelle war suboptimal."

Die Münchnerin war am 15. April 2014 gegen 16.30 Uhr auf dem Weg zur Arbeit: Sie kam von der Weinstraße und ging in Höhe des Sporthauses Münzinger entlang. Als der Fuß beim Betreten des Gullydeckels in den Schacht rutschte, zog sie sich eine Syndesmosesprengung zu sowie Zerrungen weiterer Bänder des Sprunggelenks. Sie war sechs Wochen arbeitsunfähig. "Außerdem habe ich deutlich an Gewicht zugenommen, da ich keinen Sport mehr treiben konnte", sagte sie. 1500 Euro Schmerzensgeld forderte die Frau vor Gericht sowie rund 125 Euro Anwaltskosten.

"Es ist doch sechs Wochen gut gegangen"

Der Prozessvertreter der Stadt wollte zunächst von einer Zahlung nichts wissen. Auf dem Deckel habe eine Warnbake gestanden: "Reicht das nicht aus?" Doch diese war zum Unfallzeitpunkt vermutlich durch Arbeiter der gegenüberliegenden Donisl-Baustelle verschoben worden, um einem Baustellenfahrzeug Platz zu machen.

Auf die Frage, warum der Deckel nicht schon von Anfang an verschweißt worden war, sagte der Anwalt der Stadt, dass zu diesem Zeitpunkt noch unklar war, wer das bezahlen müsste. Und: "Es ist doch sechs Wochen gut gegangen." Nach dem Unfall war dann der Deckel auf Anordnung der Polizei sofort mit Schweißnähten fixiert worden und man hatte, zusätzlich zur Warnbake, noch einen kleinen Zaun um das Kanalloch aufgestellt.

Der Vorsitzende erklärte der Klägerin, dass eine Summe von 1500 Euro zu hoch sei. Er wisse zwar aus eigener Erfahrung, wie schmerzhaft solche Bänderrisse seien, sagte er. Dennoch schlug er als Kompromiss die Zahlung von 750 Euro vor, zuzüglich der Anwaltskosten. Andernfalls müsse eine ziemlich aufwendige Beweisaufnahme angestellt werden - dazu komme für alle Beteiligten das Risiko, wie das Oberlandesgericht den Fall bewerte. Beide Seiten baten sich Bedenkzeit aus, voraussichtlich wird der vorgeschlagene Vergleich aber halten.

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