Prozess:Gericht mildert Mausers Strafe ab

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Wehrt sich vor Gericht gegen den Vorwurf der sexuellen Nötigung: Siegfried Mauser mit seinen Anwälten Stephan Lucas (li.) und Alexander Stevens (re.). (Foto: Robert Haas)
  • In der Berufungsverhandlung hat das Landgericht München I eine Freiheitsstrafe für Siegfried Mauser, den ehemaligen Rektor der Münchner Musikhochschule, von neun Monaten auf Bewährung als tat- und schuldangemessen angesehen.
  • Nach Überzeugung der Kammer spreche mehr für als gegen den Angeklagten.
  • Der Angeklagte beurteilte sein Verhalten zwar als "unangemessen", aber aus seiner Sicht nicht "strafrechtlich relevant."

Von Andreas Salch, München

Es bleibt dabei: Siegfried Mauser, ehemals Rektor an der Münchner Musikhochschule, hat nach Überzeugung des Landgerichts München I eine Professorin sexuell genötigt. Damit hat das Gericht am Mittwoch in zweiter Instanz die Entscheidung des Amtsgerichts München aus dem Mai vergangenen Jahres bestätigt. Es hatte den 62-Jährigen zu einem Jahr und drei Monaten Haft auf Bewährung verurteilt.

In der Berufungsverhandlung sahen die Richter aber eine Freiheitsstrafe von neun Monaten auf Bewährung als tat- und schuldangemessen an. In einem weiteren Fall von sexueller Nötigung an einer Gitarristin wurde der 62-jährige renommierte Musikwissenschaftler ebenso wie schon vor dem Amtsgericht München freigesprochen.

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Nach der Verkündung des Urteils durch den Vorsitzenden Richter Markus Koppenleitner stand Mauser da, schüttelte ungläubig den Kopf und sackte fast auf seinen Platz auf der Anklagebank. Bei einer Freiheitsstrafe von einem Jahr oder mehr hätte er zudem seine Pension verloren. Angesichts der Lebensleistung des 62-Jährigen sei dies aber nicht gerechtfertigt, betonte Richter Koppenleitner. Außerdem spreche nach Überzeugung der Kammer mehr für als gegen den Angeklagten.

Zum Prozessauftakt hatte Mauser erklärt, dass seine "überschwängliche Kontaktbereitschaft da und dort wohl missverständlich" gewesen sei. Doch was der 62-Jährige unter "überschwänglicher Kontaktbereitschaft" versteht, ist strafbar. Ende April 2009 hatte der damalige Rektor der Musikhochschule eine Professorin zu einem Gespräch in seinem Büro. Bei dieser Gelegenheit habe der Angeklagte die Frau "mehr oder weniger überfallen", so Richter Koppenleitner bei der Urteilsbegründung. Anschließend habe Mauser seiner Kollegin "einen Zungenkuss in ihren Mund hineingedrückt" und sie dabei mit seinem Körper an der Türe fixiert. Wenig später habe der Angeklagte die Professorin, die schockiert und perplex gewesen sei, umarmt, sie an der Hand gefasst und diese "mit einem gewissen Druck" zu seinem "Schritt geführt", obwohl die Professorin deutlich gemacht habe, dass sie dies nicht wolle. Mauser soll sie daraufhin gefragt haben, warum sie sich diese Chance entgehen lasse.

Staatsanwalt Markus Michl forderte ebenso wie in erster Instanz eine Verurteilung zu einer Gefängnisstrafe von drei Jahren und sechs Monaten. In seiner Anklage war er davon ausgegangen, dass Mauser außer der Professorin noch eine Gitarristin sexuell genötigt habe. Da der 62-Jährige nach Auffassung des Gerichts dabei aber die Schwelle zur Gewalt nicht überschritten habe, wurde er in diesem Fall freigesprochen. Der Angeklagte habe gegenüber den Frauen seine "Vorgesetztenstellung brutal ausgenutzt", sagte Michl.

Schon im Verlauf des Prozesses hatte das Gericht angedeutet, dass es Mauser wohl nur wegen des Übergriffs auf die Professorin verurteilen werde. Mausers Verteidiger, Rechtsanwalt Alexander Betz, sagte bei seinem Plädoyer, die Professorin habe sich bei ihren Schilderungen womöglich in etwas "hineingesteigert". In Details sei deren Erinnerung "nicht mehr sicher". Betz beantragte seinen Mandanten "vollständig freizusprechen".

Sowohl die Professorin als auch die Gitarristin traten in dem Verfahren als Nebenklägerinnen auf. Deren Vertreterin, Rechtsanwältin Antje Brandes, sagte zu Mauser: "Ganz ehrlich Herr Professor, der Richter in der ersten Instanz hatte recht mit seiner Bezeichnung." Er hatte den 62-Jährigen als "Grapscher" bezeichnet. Vor Verkündung des Urteils sagte Mauser: Etliches an seinem Verhalten sei zwar "unangemessen" gewesen, aber aus seiner Sicht nicht "strafrechtlich relevant."

© SZ vom 27.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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