Prozess:"Es tut ihm leid"

Mit Hilfe von Rotwein und Psychopharmaka hat Eugen Z. mindestens sechs Frauen betäubt und missbraucht. Die Opfer konnten sich an nichts erinnern - doch auf seinem Computer fand die Polizei penibel archivierte Fotos der brutalen Taten.

Alexander Krug

Es ist mittlerweile fast 14 Uhr. Viereinhalb Stunden dauert dieser Prozess am Münchner Landgericht nun schon, und Eugen Z., 57, hat weitschweifige Ausführungen über sein Leben gemacht, wie schlecht es ihm gehe und warum er sich psychisch angeschlagen fühle.

Prozess: Eugen Z. hat die Taten zugegeben.

Eugen Z. hat die Taten zugegeben.

(Foto: Foto: Unfried)

Ein Wort des Bedauerns für seine Opfer ist ihm noch nicht über die Lippen gekommen, dabei sind die Taten, die man ihm vorwirft, von ausgesuchter Perfidität: Sechs Frauen hat Eugen Z. demnach missbraucht und allesamt vorher mit Psychopharmaka betäubt. Bei seinen perversen Sexspielen mit den bewusstlosen Opfern machte er hunderte Fotos, die er auf seinem PC penibel archivierte. Das war letztlich sein Verhängnis.

Mal die Nichte, mal eine Freundin

Die nach langwierigen Ermittlungen aufgedeckten Fälle reichen zum Teil mehrere Jahre zurück. Dem ersten Anklagepunkt zufolge hatte Eugen Z. einer Nachbarin in seiner Wohnung in der Maxvorstadt irgendwann im Jahr 1997 einen Rotwein kredenzt.

Die Frau fiel daraufhin in Ohnmacht und konnte sich später - wie alle anderen Opfer auch - an nichts mehr erinnern. Die bei Eugen Z. 2005 sichergestellten Fotos zeigen jedoch, wie er sie entkleidete und auf vielfältige und brutale Weise missbrauchte.

Fünf weitere solcher Fälle listet die Anklage auf, einmal war es die Nichte, ein anderes Mal eine langjährige Freundin, dann eine Zufallsbekanntschaft, die ihn um Rat für ihren Computer gebeten hatte. Stets war es ein mit einem starken Mittel versetzter Rotwein, den die Frauen arglos getrunken hatten.

2001 kam erstmals ein Verdacht auf, nachdem ein misstrauisch gewordenes Opfer sich der Polizei anvertraute. Die Ermittlungen verliefen im Sande, da es an Beweisen fehlte. Hellhörig wurde man dann erst wieder 2005, als sich der Vermieter von Eugen Z. an die Polizei wandte und erzählte, er sei als Gast des Angeklagten nach dem Genuss eines Rotweins zeitweise bewusstlos gewesen.

Die Polizei durchsuchte die Wohnung von Z. und stieß auf der Festplatte seines Computers auf die Fotos von den Vergewaltigungen. Ganz nebenbei wurden auch noch Tausende härtester Kinderpornos entdeckt - eine weitere Anklage wegen dieser Fälle ist noch anhängig.

"Eine Leiter ist mir auf den Kopf gefallen"

Eugen Z. stammt aus dem Raum Garmisch-Partenkirchen. Nach der Volksschule lernte er Tiefdrucker. "Mein Wunsch war es immer, Arzt zu werden", sagt er. Weil er sich mit Computern auskannte, verlegte er sich aber aufs Programmieren. 1976 erlitt er einen schweren Unfall, der sein Leben veränderte.

Z.: "Ich weiß, das klingt albern, aber eine Leiter ist mir auf den Kopf gefallen." Drei Jahre zog sich die Behandlung hin, Eugen Z. litt an epileptischen Anfällen und Konzentrationsstörungen und wurde zum Frührentner.

Seiner Umwelt gaukelte er indes den erfolgreichen Programmierer vor, Frauen erzählte er auch gerne, dass er als BND-Agent einmal angeschossen worden sei und deswegen nicht mehr arbeiten könne. Drei Ehen ging er ein, dabei ging es ihm finanziell nie schlecht. Da er sich beizeiten gut versichert hatte, kassiert er jeden Monat 3200 Euro netto.

Zu den Vorwürfen der Anklage will er sich zunächst nicht äußern. Lieber erzählt er langatmig davon, dass er sich das Rauchen mit dem Mittel "Zyban" abgewöhnen wollte. Dieses Mittel habe ihn "aggressiv" gemacht, möglicherweise habe es auch eine Psychose bei ihm ausgelöst.

"Gestörtes Verhältnis zu Frauen"

Bei dem psychiatrischen Sachverständigem Norbert Nedopil löst er damit Verärgerung aus. Beim Angeklagten liege zwar eine Persönlichkeitsstörung vor, sagt er. Doch strafrechtlich sei diese nicht relevant. Eine Unterbringung in der Psychiatrie könnte unter Umständen lebenslang bedeuten, warnt er Eugen Z. Denn aufgrund seines Alters verspreche eine Therapie wenig Aussicht auf Erfolg.

Wieder gibt es eine Unterbrechung, danach gibt Verteidiger Steffen Ufer für den Angeklagten eine Erklärung ab. Der Missbrauch der sechs Frauen werde eingeräumt. "Dem Angeklagten tut das leid", fügt er hinzu.

Zum Motiv erklärt Ufer lediglich, dass sein Mandant ein "gestörtes Verhältnis zu Frauen" habe. Seiner Ansicht nach sei Eugen Z. eine "schwer gestörte Persönlichkeit". Sein "Hass auf Frauen" resultiere wohl aus seiner Kindheit und aus der gestörten Beziehung zu seiner Mutter.

Staatsanwalt Ulrich Locher will wissen, ob es noch mehr solcher Fälle gebe. Eugen Z. will dazu auf Anraten seines Anwaltes nichts mehr sagen. Richterin Huberta Knöringer macht indes klar, dass es noch etliche, bislang nicht zuzuordnende Bilder gebe. Sollten sich in dieser Hinsicht weitere Fälle ergeben, müsse er mit einer neuen Anklage rechnen, stellt sie klar.

Gleichzeitig gibt sie das Ergebnis einer Absprache zwischen den Prozessbeteiligten bekannt, wonach Eugen Z. nach seinem Geständnis mit einer Strafe "im Bereich von sechs Jahren" rechnen müsse. Diese gebe es aber nur, wenn den missbrauchten Frauen eine belastende Aussage vor Gericht erspart werde. Der Prozess wird am Dienstag, 12. Dezember, fortgesetzt.

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