Prozess:Ein Schlag zerstört ein Leben

Die Tat erregte Aufsehen wegen ihrer Brutalität: Noch heute ist das Opfer ein Pflegefall. Das Gericht verhängte nun 15 Jahre Haft und Sicherungsverwahrung gegen den Täter.

Von Alexander Krug

"Sie haben das Leben dieser Frau zerstört." Deutliche Worte fand gestern Richter Manfred Dauster bei der Urteilsverkündung gegen Martin D., 50. Nach zweimonatiger Verhandlungsdauer verurteilte ihn die Kammer wegen versuchten Mordes, gefährlicher Körperverletzung und mehrfachen Diebstahls zu 15 Jahren Haft. Außerdem ordnete sie die Sicherungverwahrung an. Der Angeklagte bleibt damit über die Verbüßung der Strafe hinaus im Gefängnis.

Der Fall des Martin D. hatte wegen seiner Brutalität in München für Aufsehen gesorgt. Am 30. Dezember vergangenen Jahres zechte der arbeits- und wohnungslose Martin D. im "Waltherstüberl" in der Isarvorstadt. Gegen Mitternacht schlug er Gastwirtin Petra H. hinterrücks "mit einem Gegenstand oder mit der Faust" nieder, leerte die Kasse und verschwand.

Die 52-Jährige erlitt schwerste Kopfverletzungen und leidet bis heute unter Lähmungen und Gedächtnisstörungen. "Sie haben ihr die ganze Lebensqualität genommen", hielt der Richter dem Angeklagten vor. "Das muss eine deutliche Antwort finden."

Der Angeklagte habe die Gastwirtin blutend und röchelnd auf dem Boden liegend zurückgelassen, ohne sich noch weiter um sie zu kümmern. Für die Kammer hat er damit den Tatbestand des versuchten Mordes durch Unterlassung erfüllt. Das Opfer sei nur gerettet worden, weil es rechtzeitig gefunden und ärztlich versorgt wurde.

Ein Wert von neun Promille?

Martin D. hatte eingeräumt, die Wirtin im Streit um die Rechnung geschlagen zu haben, aber nicht "von hinten". Außerdem will er damals Unmengen von Alkohol getrunken haben. Ein Rechtsmediziner kam nach seinen Angaben auf einen Wert von rund neun Promille.

"Das reicht für zwei Leute, um beide ins Grab zu bringen", bezweifelte der Richter die Angaben. Da Martin D. seit Jahrzehnten "trinkgewohnt" sei, lehnte es das Gericht ab, ihn wegen verminderter Schuldfähigkeit milder zu betrafen.

Der Angeklagte nahm das Urteil mit stoischer Gelassenheit auf. Aufgrund zahlreicher Vorstrafen hat er bereits rund 20 Jahre hinter Gittern verbracht. Das Gericht ging deshalb auch von einem "Hang" zu weiteren Delikten aus und ordnete die Sicherungsverwahrung an. "Wir halten Sie für gefährlich", meinte Richter Dauster. Die Kammer entsprach mit dem Urteil exakt dem Antrag von Staatsanwalt Wolfgang Beckstein.

Verteidiger Andreas von Mariassy hatte um eine milde Strafe gebeten, weil man auch diesem Angeklagten "den Hauch einer Perspektive" geben müsse. Gastwirtin Petra H. verfolgte das Prozessende mit Genugtuung. "Sie ist zufrieden mit der Entscheidung", sagte ihre Anwältin Gabriele Schöch. "Sie hofft, ihn nie mehr zu sehen."

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