Prozess:Drogendeals hinter den Kulissen der Staatsoper

Prozess: Die Bayerische Staatsoper am Max-Joseph-Platz.

Die Bayerische Staatsoper am Max-Joseph-Platz.

(Foto: Johannes Simon)
  • Ein 41-jähriger Bühnenarbeiter der Bayerischen Staatsoper soll dem Orchesterwart Drogen verkauft haben.
  • Durch einen Scheinkauf verhalf der Orchesterwart der Polizei schließlich zur Festnahme des Dealers.
  • Beide Männer sollen in ihrem nahen Umkreis auch größere Mengen Marihuana weiterverkauft haben.

Von Christian Rost

Ein ehemaliger Bühnenarbeiter der Bayerischen Staatsoper steht wegen Drogenhandels vor Gericht. Er soll einem Kollegen, dem ehemaligen Orchesterwart des Hauses, Marihuana, Kokain, LSD und Ecstasy-Tabletten verkauft haben. Die Übergabe der Betäubungsmittel erfolgte laut Anklage der Staatsanwaltschaft München I auch im Nationaltheater, was bereits für einigen Wirbel gesorgt hatte.

Eine Boulevardzeitung sah die Staatsoper schon im "Drogen-Sumpf" versinken, als 2014 zwei Mitarbeiter des Hauses mit Betäubungsmitteln erwischt wurden. Auch Opern-Besucher könnten zum Kundenkreis der Dealer gehört haben, wurde wild spekuliert. Sodom und Gomorrha also im Nationaltheater. So schlimm war es aber nicht, wie die Ermittlungen der Polizei ergaben.

Mit Drogen handelten laut Staatsanwaltschaft ausschließlich der 41-jährige Bühnenarbeiter Mark B. und der 48-jährige Orchesterwart Michael T. (Namen geändert). Die beiden Männer sollen aber auch im kleinen Kreis noch eine stattliche Menge umgesetzt haben: allein 250 Gramm Marihuana.

Orchesterwart Michael T. war der Abnehmer. Der Familienvater wurde deswegen bereits am Münchner Amtsgericht zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt. Der Mann gestand, seit 1990 abhängig gewesen zu sein. Damals arbeitete er noch beim Südwest-Rundfunk in Stuttgart als Orchesterwart. Nach seinem Wechsel an die Staatsoper in seiner Heimatstadt München ließ er zunächst die Finger von den Drogen, wurde dann aber wieder rückfällig, weil die berufliche Situation belastend gewesen sei.

Er habe keinen festen Arbeitsvertrag bekommen und trotzdem bis zu 15 Stunden am Tag arbeiten müssen, "ohne Pause, ohne Urlaub", sagte T. Offenbar glaubte er, den Stress mithilfe von Rauschmitteln besser bewältigen zu können. Bis zu fünf Gramm Marihuana konsumierte er täglich: Wenn er frei gehabt habe, habe er "oft den ganzen Tag gekifft, bis zu 15 Joints".

Während der Arbeitszeit rührte Michael T. nach eigener Aussage Drogen nicht an. Bei besonderen Anlässen machte er allerdings auch mal eine Ausnahme. "Wenn eine Premierenfeier in der Oper war, habe ich mir vorher was zum Rauchen gekauft." T. gestand, auch selbst mit Gras gehandelt zu haben.

Den Stoff bekam er, so schilderte er es am Dienstag als Zeuge im Prozess gegen Mark B., von seinem früheren Kollegen. Der muss sich wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verantworten. Die Polizei war über T. auf ihn gekommen. Der Orchesterwart hatte sich auf Anraten seines Anwalts Tom Heindl selbst gestellt, als seine Freundin schwanger wurde. Er wollte mit den Drogen endlich aufhören.

Die Polizei setzte ihn als Scheinkäufer ein, um Mark B. zu überführen. Ende Juli 2014 trafen sich die beiden Männer am S-Bahnhof in Erding, um eine Lieferung zu besprechen. Dabei soll es laut Anklage um 500 Gramm Marihuana und 200 Gramm Amphetamin gegangen sein. Mindestens sechs Polizeibeamte in Zivil beschatteten die beiden, als diese eine halbe Stunde durch Erding spazierten und sich besprachen.

Was da geredet wurde, konnte jedoch keiner der Beamten hören, wie sie vor Gericht einräumen mussten. Als der Dealer Anfang November 2014 in der Staatsoper knapp fünf Gramm Kokain für 600 Euro an T. übergab, schnappte die Falle der Drogenfahnder zu. Sie nahmen Mark B. fest und durchsuchten seine Wohnung. Dabei fanden sich noch 4,8 Gramm Marihuana. Die Staatsoper kündigte beiden Männern nach Bekanntwerden der Vorwürfe. "Wir tolerieren keine Drogen im Haus", stellte ein Sprecher der Staatsoper klar. Der Prozess gegen Mark B. wird im Dezember am Amtsgericht fortgesetzt.

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